Woher kommt der Name "Adolf's-Ruh'"?
In Stadtlengsfeld macht ein Gerücht die Runde, am Schwimmbad sei ein Schild mit der geschnitzten Inschrift "Adolf's-Ruh'" entfernt worden. Besucher hätten moniert, damit werde an den Kanzler des 3. Reiches erinnert. Schließlich sei das Schwimmbad in der Zeit des Nationalsozialismus gebaut und eröffnet worden. Das sei der Grund gewesen, dieses Schild zu entfernen. An dieser Bilderstürmerei hätten auch Stadtlengsfelder Angestellte mit Hand angelegt. Soweit das Gerücht.
Eine solche Namensauslegung für das Stadtlengsfelder Schwimmbad ist nicht nur dumm, es offenbart auch eine erschreckende Unkenntnis über die Stadtlengsfelder Ortsgeschichte.
Die Bezeichnung "Adolf's-Ruh'" geht auf den Stadtlengsfelder Bürgermeister Adolf Hörle zurück. Er wirkte in diesem Amt von 1922, bis ihn die Nationalsozialisten 1933 vom Bürgermeisterstuhl vertrieben.
Bürgermeister Hörle besaß eine große Vorliebe für die Natur und verfügte über Schönheitssinn. Ihm war es eine große Genugtuung, dass durch die Instandsetzung der Flurwege und Ausbesserung aller sonstigen Schäden der Ort - seiner schönen landschaftlichen Lage entsprechend - wieder ein sauberes und nettes Aussehen erhielt. Das geschah nach dem 1. Weltkrieg durch Notstandsarbeiten.
Wegebau durch Notstandsarbeiten 1924. Links im Bild Adolf Hörle.
Der sehr mit der Natur verbundene Bürgermeister Adolf Hörle verstand es, der Erholung suchenden Einwohnerschaft und auch den Gästen Ruhe und Entspannung zu schaffen. So ließ er das "Raritätchen" - ein vorspringender, schmaler mit Laub und Nadelbäumen bewachsener Waldstreifen oberhalb des Denkmals - sehr pfleglich behandeln und Bänke darin aufstellen.
Im Rahmen: das "Raritätchen".
Im Sophienpark, im Pfaffental, am Weinberg, an der Gehauser Straße und an allen schönen Stellen, die den Ruhesuchenden einen wundervollen Anblick gewährten, wurden Sitzgelegenheiten angebracht.
In der Bildmitte: Sitzgruppe an der Gehauser Straße oberhalb des Sophienparks.
Oberhalb der Schneidmühle wurde für die Bevölkerung eine Anlage von besonderem Reiz geschaffen. Hier entstand die "Adolf's-Ruh'", ein etwas versteckt liegendes, sehr romantisches Ruheplätzchen. Zu dieser Zeit gab es das Schwimmbad noch nicht.
In der unteren Bildhälfte: Das Wäldchen, genannt "Adolf's-Ruh"
Auch die damals angelegten, herrlichen Birkenalleen sind das Verdienst des Bürgermeisters Hörle.
Reste der Birkenallee zur "Merker'schen Ecke"
Die schöne Anlage des Schwimmbades verdanken die Stadtlengsfelder Bürger eigentlich dem ehemaligen Bürgermeister Adolf Hörle. In seiner Amtstätigkeit wurde dazu der Beschluss gefasst und schon 1929 war das Projekt ausgearbeitet worden.
So sollte die Anlage des Schwimmbades nach dem Vorstellungen des Max Sträßer aussehen.
Das Schwimmbad sollte an der Schneidemühle entstehen. Dort entsprang die sogenannte Alexanderquelle, die nach den durchgeführten Messungen damals 144 cbm Wasser in 24 Stunden schüttete. Das war ausreichend für die Versorgung des Freibades. Der Stadt aber fehlten immer wieder die Mittel zur Ausführung.
Aus diesem Grunde wurde 1938 eine Schwimm- und Luftbadgenossenschaft gegründet. Der Vorstand bestand aus dem Bürgermeister Rausche, Obermeister Liebhold und dem Justizinspektor Scheller. Der Bankangestellte Walter Oschmann, der Schneidermeister Arno Perniß, der Expedient Hans Gürtler, der Malermeister Paul Winter und der Direktor der Porzellanfabrik Walter Zimmermann bildeten den Aufsichtsrat. Ihnen oblag die Durchführung des Vorhabens. Jeder Einwohner konnte Mitglied der Genossenschaft werden, wenn er einen Geschäftsanteil von 10 Mark zeichnete. Es spricht für den Enthusiasmus der Bevölkerung, wenn in relativ kurzer Zeit diese Genossenschaft 349 Mitglieder umfasste, die 560 Geschäftsanteile gezeichnet hatten. Die arbeitsfähigen, männlichen Einwohner hätten sich außerdem verpflichtet, die Ausschachtungsarbeiten in freiwilligen Arbeitsstunden durchzuführen, um Geld zu sparen. Da war wohl auch viel propagandistischer Zwang im Spiel gewesen. Damit soll die ehrliche Schufterei für diese im Grunde gute Sache nicht herabgewürdigt werden. Für die meisten stand in Aussicht nicht mehr ein Stück Felda an der „Roten Wand“ (das „Katzenbad“) als Bad benutzen zu müssen. Andere mögen es für ihre Kinder getan haben.
Die Baugrube des Schwimmbeckens. Im Hintergrund die Schneidmühle.
Ausheben des Schwimmbeckens in Handarbeit
Ausheben des Schwimmbeckens
Und im Hinterkopf hatten manche Ratsherren ja auch die Vorstellung, den Ort Schritt für Schritt zu einem Luftbadeort auszubauen. Tatsächlich beherbergte Stadtlengsfeld 1938 „KdF-Urlauber (KdF: „Kraft durch Freude“). Sie waren privat untergebracht, wurden aber in den örtlichen Gaststätten verpflegt. Das waren erste Versuche, den Ort zu einem Fremdenverkehrsort zu entwickeln. Am 3. März 1938 wurde am Schwimmbad der erste Spatenstich getan. Der Gartenbauinspektor Sträßer hielt einen Lichtbildervortrag über Schwimmbadanlagen und entwickelte den Plan zur gärtnerischen Ausgestaltung der Badeanlage. Am 15. Juni 1940 konnte das Schwimmbad seiner Bestimmung übergeben werden. Gärtnerische Anlagen, Umkleidekabinen und Sprungturm fehlten und wurden nach und nach fertiggestellt.
Das Schwimmbad kurz nach der Eröffnung
Inzwischen hatte das faschistische Deutschland den Zweiten Weltkrieg begonnen. Diesem war nun alles unterzuordnen. Stadtlengsfeld hatte sein Freibad, die Welt das Blutbad.
Blick von der Anlage "Adolf's-Ruh" auf das Schwimmbad. Im Wäldchen oberhalb des Schwimmbades befanden sich Parkwege und Sitzgruppen.
Ansicht des Schwimmbades um 1955
Ansicht des Schwimmbades um 2000