Die Eingemeindung der Stadt nach Dermbach
Von der Stadt zum Ortsteil der Gemeinde Dermbach
Mit Wirkung vom 01. Januar 2019 ist aus Stadtlengsfeld ein Ortsteil von Dermbach geworden. Im Klartext: Der Wohnsitz der Stadtlengsfelder Einwohner ist von nun an Dermbach/Ortsteil Stadtlengsfeld. Wer jetzt in Stadtlengsfeld geboren wird, wurde in Dermbach geboren, wer jetzt in Stadtlengsfeld stirbt, starb in Dermbach. Und wer noch ein wenig Wert auf die ehemalige Eigenständigkeit legt, darf hinter „Dermbach“ noch den Zusatz „Ortsteil Stadtlengsfeld“ schreiben. Daran können sich Alteingesessene nur schwer gewöhnen Jede Post, jede Behörde und jedes Unternehmen findet seinen Empfänger auch ohne den etwas verschämten Zusatz „Ortsteil Stadtlengsfeld“. Denn mit der Eingemeindung von Stadtlengsfeld nach Dermbach hat man vorgesorgt: Alle Straßennamen in der Gemeinde Dermbach mussten einmalig sein. Also wurde umbenannt, was doppelt oder dreifach an Straßennamen vorkam. Ein gar nicht lustiges Beispiel: In Unteralba und in Stadtlengsfeld gab es eine „Burgstraße“. In Unteralba ist eine Burg nicht bekannt. In Stadtlengsfeld führt sie seit Jahrhunderten zu einer wirklichen Burg. Die gibt es heute noch und ist Sitz einer psychosomatischen Klinik von deutschlandweiter Bedeutung. In Stadtlengsfeld musste die Burgstraße umbenannt werden, in Unteralba nicht. Die psychosomatische Klinik hat nun das Vergnügen, ihre neue Anschrift auf allen Dokumenten (analog und digital) bekannt zu machen. Das kostet sie gewiss eine schöne Stange Geld. Wie man hörte, war die Leitung des Unternehmens darüber nicht erfreut. Und wie man sich denken kann, tragen solche Ungereimtheiten nicht zum Ansehen einer städtischen Gemeinde bei.
Die Eingemeindung von Stadtlengsfeld nach Dermbach hat nicht nur im gesamten Feldatal Erstaunen, Verwunderung, Unverständnis und hier und da auch Schadenfreude ausgelöst: „Wie kann es sein, dass sich eine Stadt von einem Dorf schlucken lässt?“ Auch von weit her erreichte die regionale Presse scharfzüngige Kommentare von denen noch zu berichten sein wird.
Dies sind nicht die einzige Protestmeldungen. Insgesamt aber blieb der Aufschrei der Bevölkerung aus. Nur einmal verhinderte eine Einwohnerversammlung den beabsichtigen Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach. Warum ging dieser Prozess ohne große Kenntnisnahme der Bevölkerung vonstatten? War es Gleichgültigkeit und Desinteresse?
In der Folge soll versucht werden, den gesamten Prozess chronologisch darzustellen.
2004
Die Diskussion um eine Gebiets- und Verwaltungsreform – das Feldatal betreffend – machte „Freies Wort“ am 29.01.2004 öffentlich: „Wird das ganze Feldatal bald zu einer Gemeinde? Geldnot in Kommunen: Jetzt wird laut über eine grundlegende Reform nachgedacht / Idee: Einheitsverwaltung von Dorndorf bis Kaltennordheim“.
Um die Schwindsucht in den kommunalen Kassen zu stoppen, empfiehlt in diesem Artikel der Landtagsabgeordnete Günter Pohl: „In der Verwaltung Geld einsparen und dafür mehr in die Infrastruktur investieren.“ Der Freistaat Thüringen unterstützt daher das Modell der Einheitsgemeinde. Die gesetzlich vorgeschriebene Größe für Einheitsgemeinden sind 3.000 Einwohner. Dann werden 100 Prozent der Schlüsselzuweisung[1] ausgereicht (ab 10.000 Einwohner 105 Prozent, ab 20.000 Einwohner 115 Prozent). Einheitsgemeinden unter 3.000 Einwohner brauchen eine Ausnahmegenehmigung. „Da kann auch Stadtlengsfeld ein Problem bekommen… Stadtlengsfeld hat zwei Optionen – entweder sich in Richtung Dermbach oder Dorndorf umzusehen …“, ahnt Pohl und er sieht auch Reibungspunkte: „Das bedeutet freilich Veränderungen, denn da wird es dann auch um Posten gehen, die abzuschaffen und neu zu verteilen sind. Innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach beispielsweise gibt es derzeit einen hauptamtlichen VG-Vorsitzenden und den Dermbacher Bürgermeister, der ebenfalls hauptamtlich ist, aber kaum agieren kann, weil er keine eigene Verwaltung besitzt. In der Gemeinschaftsversammlung ist es auch schwierig, Beschlüsse zugunsten von Dermbach zu fällen, denn die kleinen Gemeinden können Dermbach locker überstimmen, wenn sie sich einig sind.“
Franz Nelitz, damaliger ehrenamtlicher Bürgermeister von Klings legt da den Finger in die offene Wunde. Er habe nichts gegen die Verwaltungsgemeinschaft „Oberes Feldatal“ in Kaltennordheim und nichts gegen den VG-Vorsitzenden. „… Aber wir brauchen für unsere Gemeinden einen hauptamtlichen Bürgermeister … Wenn ich die Bevölkerung mitreißen will, etwas für das Dorf zu tun, dann geht das nicht, wenn ich als Ehrenamtlicher erst um 18 Uhr von der Arbeit komme. Nur mit den ehrenamtlichen Bürgermeistern sind wir alle überfordert.“
Gerhard Ruppert, damaliger hauptamtlicher Bürgermeister von Dermbach, favorisiert eine Einheitsgemeinde von Dorndorf bis nach Kaltennordheim. In dieser künftigen Verwaltungsgemeinschaft müssen „Köpfe“ sitzen, die sich mit der Entwicklung und der Zukunft beschäftigen. Zur Position der Bürgermeister in den einzelnen Gemeinden (hauptamtlich oder ehrenamtlich) macht er im Gegensatz zu Nelitz keine Aussagen.
Der Stadtlengsfelder Bürgermeister Dr. Martin Walter saß mit Ruppert schon zusammen, „um über die zukünftige Verwaltung im Feldatal zu sprechen.“ Er weiß, dass 2006 die Ausnahmegenehmigung für einen hauptamtlichen Bürgermeister in Stadtlengsfeld ausläuft. „Es ist fraglich, ob wir eine solche noch einmal bekommen.“ Für Dr. Walter ist es wie für Ruppert denkbar, dass das gesamte Feldatal in Zukunft unter einer Verwaltung steht. Allerdings will er die Verwaltung „in einzelnen Orten verstreut“ angesiedelt wissen. Das soll weite Wege der Bürger zu den Ämtern der Verwaltungsgemeinschaft ersparen. Er hält es für sinnvoll, dass den Kommunen Dorndorf, Stadtlengsfeld, Dermbach und Kaltennordheim jeweils ein hauptamtlicher Bürgermeister vorsteht. Er sieht deren Arbeit in der Konzeption und Vision, in der Verwirklichung von Ideen und dem Bemühen, den Willen der Bürger, Vereinen und Firmen Rechnung zu tragen.
Diese Gedankenspiele sich noch einmal zu vergegenwärtigen ist auch heute noch von Nutzen. In den meisten Argumenten für eine Verwaltungs- und Gebietsreform ging es um das Geld und um die Posten, die zu vergeben sind. Nur Nelitz erinnert daran, dass die Bürgernähe in allen Gemeinden dabei nicht auf der Strecke bleiben darf.
2005
In der Jahresmitte wird die Diskussion um eine Gebiets- und Verwaltungsreform in der Region befeuert. Die damalige Regierung des Freistaates Thüringen drängt auf größere Verwaltungen. Die Richtung geht zu Einheitsgemeinden mit 5.000 bis 10.000 Einwohner. Die Absicht ist, damit Kosten in der Verwaltung der Kommunen einzusparen.
Bürgermeister Dr. Martin Walter meldet sich in der „Südthüringer Zeitung“ vom 3. Juni 2005 zu Wort. Stadtlengsfeld hat eine Ausnahmegenehmigung für einen hauptamtlich tätigen Bürgermeister, denn die Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld Gehaus, Hohenwart und Menzengraben wird nur von 2.794 Personen bevölkert, erfüllt also nicht die gesetzlich vorgeschriebene Größe von 3.000 Einwohnern. Doch auch er strebt größeres an. Er sieht „… die besseren Chancen für einen Zusammenschluss mit Dorndorf und Dietlas… Wären Dorndorf, Dietlas und Stadtlengsfeld zusammen, stünden unter dem Strich etwa 6.000 Einwohner. Aber auch den Gedanken mit Weilar und Dermbach schiebe ich nicht weg. Das einzige, was Dr. Martin Walter ausschließt, ist ein Anschluss an die Verwaltungsgemeinschaft Dermbach. Die VG ist ein auslaufendes Modell …‘“.[2]
Die Auseinandersetzung um die Selbstständigkeit von Stadtlengsfeld nimmt unerwartet Fahrt auf, denn die Stadt muss eine Ausnahmegenehmigung neu beantragen. Zur Bürgermeisterwahl 2006 muss entschieden sein, ob die Einwohner einen haupt- oder nebenamtlichen Bürgermeister wählen.
Dr. Martin Walter war der Meinung, dass der 1999 gestellte Antrag auf Eigenständigkeit der Stadt auch weiterhin gilt, da er damals nicht befristet erteilt wurde. Die Kommunalaufsicht belehrte ihn aber eines Besseren und das Innenministerium in Erfurt beschied ihm, das der Antrag auf Eigenständigkeit neu gestellt werden muss. Dr. Walter empfahl dem Stadtrat auf seiner Sitzung im September 2005 den Antrag auf Eigenständigkeit neu zu stellen. Zur Begründung hatte er sich mit Zahlen gewappnet. „Er hatte eine für die rund 2.700 Einwohner zählende Stadt einen fiktiven Pro-Kopf-Verwaltungskostenaufwand von 195 Euro berechnet. Der Landesdurchschnitt liege bei 466 Euro pro Einwohner, und in den Nachbarorten seien die Zahlen zwar auch niedriger als der Landesschnitt, aber höher als in Stadtlengsfeld. „Wir arbeiten effektiv und ich sehe keinen Anlass, freiwillig irgendeinen Anschluss zu suchen“.[3] Diese Zahlen sind bemerkenswert. Sie stellen die Behauptung infrage, dass Gemeinden unter 3.000 Einwohner nicht wirtschaftlich seien und deshalb einer Verwaltungsgemeinschaft beitreten müssen.
Im weiteren Verlauf dieser Stadtratssitzung zeigte sich, dass die CDU-Fraktion mit ihren Sprechern Uwe Nitsche und Karsten Seelig ihre Chance sehen, auch sogleich Pflöcke für einen Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach einzuschlagen. Zwar plädierten beide auch für die Eigenständigkeit der Stadt, wollten aber zugleich eine Bürgerbefragung, ob der Beitritt in die VG getrennt für Gehaus und Stadtlengsfeld erfolgt. Darüber sollten die Einwohner in Gehaus und in Stadtlengsfeld getrennt entscheiden. Dies sei der Wunsch der Gehauser Stadträte. Man war sich wohl sicher, dass in Gehaus die Abstimmung für einen getrennten Beitritt ausfallen würde. Schließlich hatten die Gehauser gegenüber Stadtlengsfeld noch eine Rechnung offen: 1993/94 wurde Gehaus gegen den mehrheitlichen Willen seiner Einwohner nach Stadtlengsfeld eingemeindet. Ein gewollter Beitritt von Gehaus zur VG und eine Ablehnung des Beitrittes der Stadtlengsfelder Einwohner hätte zur Folge gehabt, dass die Stadt ohne Gehaus nur noch etwa 2.000 Einwohner zählt. Mit dieser Zahl hätte eine Ausnahmeantrag auf Selbstständigkeit in Erfurt keine Chance gehabt. So das wahrscheinliche Kalkül der CDU-Fraktion. Darauf muss man erst einmal kommen.
Rolf Leimbach stimmte dieser Tischvorlage nicht zu. Die nachfolgend hitzige Debatte endete mit einem Kompromiss: die Anschlussvarianten an die Verwaltungsgemeinschaft Dermbach wurden gestrichen. Der Antrag musste neu formuliert werden.
Im Herbst probten die Fraktionschefs von CDU, SPD und Freie Wähler dann den Aufstand gegen den amtierenden Bürgermeister Dr. Martin Walter. Ohne dessen Wissen baten sie den damaligen VG-Vorsitzenden Wreschniok um eine Aussprache mit dem gesamten Stadtrat um auszuloten, wie die Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach beitreten könnte. Der Verwaltungschef zeigte sich verwundert, dass der Bürgermeister nicht dabei war. Er fragte „welcher Teufel die Ratsmitglieder geritten hat, einer Verwaltungsgemeinschaft ohne Not beizutreten“ und die Eigenständigkeit einer Gemeinde aufzugeben. Die Zusammenkunft endete ohne Ergebnisse. Stadtrat Leimbach (Freie Wähler) informierte den Bürgermeister wenige Tage danach in einem persönlichen Gespräch über diese Aktion des Stadtrates.
2006
Zu Beginn des Jahres trifft im Rathaus ein Schreiben des Landesverwaltungsamtes Weimar ein. „Freies Wort“ berichtet am 11. Januar:
„Ausnahme Stadtlengsfeld genehmigt
Landesverwaltungsamt in Weimar befürwortet erneut Wahl von hauptamtlichem Bürgermeister
Die Stadtlengsfelder dürfen am 7. Mai 2006 trotz eigentlich zu geringer Einwohnerzahl erneut einen hauptamtlichen Bürgermeister wählen.
Stadtlengsfeld – Das Landesverwaltungsamt (TLVwA) in Weimar habe die Stadt am 4. Januar über die entsprechende Ausnahmegenehmigung informiert, teilte die Sprecherin der Behörde, Petra Freytag, gestern auf stz-Anfrage mit. Damit setzte sich die Weimarer Mittelbehörde nach Angaben von Stadtlengsfelds Bürgermeister Martin Walter auch über ein ablehnendes Votum von Landrat Martin Kaspari hinweg.
Das Landesverwaltungsamt hat nach Angaben von Walter wesentliche Argumentationen des städtischen Antrages vom September 2005 aufgegriffen und seine Ermessensentscheidung in Abstimmung mit dem Innenministerium für möglich erachtet.
In ihrem Antrag hatten der Bürgermeister und die drei Fraktionschefs im Stadtrat des Rhönstädtchens darauf verwiesen, dass schon bei der Bürgermeisterwahl im Jahr 2000 die eigentlich für einen hauptamtlichen Bürgermeister erforderliche Einwohnerzahl von 3000 Personen unterschritten worden sei und das TLVwA damals eine Ausnahmegenehmigung erteilt habe.
Im Wesentlichen hätten sich die Voraussetzungen gegenüber 2000 nicht geändert, so die Stadtlengsfelder in ihrer Antragsbegründung. „Die Einwohnerzahl betrug entsprechend der letzten festgeschriebenen Einwohnerzahl des Landesamtes für Statistik am 31.12.2004 genau 2.719 Personen, schrieben sie im September wörtlich. Die Weimarer Behörde nahm darauf Bezug und meinte, dass die Zahl damit um weniger als zehn Prozent unter der 3.000 Einwohnergrenze liege…“.
Zu der am 19.01. einberufenen Stadtratssitzung hatten die Fraktionsvorsitzenden eine Tischvorlage eingereicht. Diese wurde dem Bürgermeister am 16.01. mit dem Antrag übergeben, ihn in der Tagesordnung aufzunehmen.
„Gemeinsamer Antrag der Fraktionen Freie Wähler, CDU und SPD
Einberufung einer Stadtratssitzung am 19.01.2006 unter Verkürzung der Ladungsfrist auf 3 Tage
Beschlussvorschlag:
Der Stadtrat der Stadt Stadtlengsfeld beschließt, die Durchführung einer Befragung der Bürger der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld zur Fortdauer der Eigenständigkeit mit einem hauptamtlichen Bürgermeister.
Begründung:
Mit Bescheid des Landesverwaltungsamtes vom 04.01.2006 (Az: 204.1-1411-001/05-WAK) wurde die erneute Ausnahmegenehmigung für die nächste Wahlperiode als Ermessensentscheidung erteilt, dass der am 07. Mai 2006 zu wählende Bürgermeister wiederum als hauptamtlicher Beamter auf Zeit (hauptamtlicher Bürgermeister) gewählt werden kann.
Gemäß § 28 Abs. 1 der ThürKO ist in Gemeinden mit weniger als 3.000 Einwohnern der Bürgermeister Ehrenbeamter (ehrenamtlicher Bürgermeister). Nur in begründeten Einzelfällen kann eine Ausnahme zugelassen werden.
In seiner Entscheidung beruft sich das Landesverwaltungsamt insbesondere auf das Rechnungsergebnis des Haushaltes 2004. Dem entgegen hat die Kommunalaufsicht als Rechtsaufsichtsbehörde zum wiederholten Male die Fortdauer der Eigenständigkeit nicht befürworten können.
Der Haushalt 2005 der Stadt Stadtlengsfeld verdeutlicht schon, dass die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt ab dem Jahr 2007 gefährdet erscheint.
Trotz der Empfehlung des Landesverwaltungsamtes wird dem Stadtrat die Entscheidung darüber, welchen Status der zu wählende Bürgermeister zukünftig haben wird nicht abgenommen.
Auf Grund der absehbaren Entwicklung der finanziellen Lage der Stadt Stadtlengsfeld möchten die Stadträte das Votum aller Bürger in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen.
Dehler Nitsche Steffen
Fraktionsvorsitzende Fraktionsvorsitzender Fraktionsvorsitzende“[4]
Diesem Antrag hatten die Fraktionsvorsitzenden einen Entwurf für eine Bürgerbefragung beigefügt:
„Entwurf
Befragungstext Briefkopf der Stadt Stadtlengsfeld
Bürgerinnen und Bürger der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld
Liebe Bürgerinnen und Bürger der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld
Am 7. Mai 2006 findet in Stadtlengsfeld die Bürgermeisterwahl statt. Rechtzeitig zu diesem Wahltermin muss in der Hauptsatzung der Stadt festgelegt sein, ob dieser als ehrenamtlicher oder hauptamtlicher Bürgermeister zu wählen ist.
Auf Grund der sich abzeichnenden finanziellen Situation der Stadt Stadtlengsfeld stellt sich für die Stadträte die Frage, ob der neu zu wählende Bürgermeister hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig werden soll.
Die Finanzausstattung der Gemeinde wird neben dem eigenen Aufkommen durch an Einwohnerzahlen gebundene Zuweisungen vom Land geprägt.
Auf Grund der in den letzten Jahren rückläufigen Einwohnerzahlen wird sich künftig bei gleichbleibendem Ausgabensoll für die Verwaltung die Entscheidungsmöglichkeit des Stadtrates für freie Gelder weiter verringern.
Es stehen daher folgende Varianten zur Entscheidung:
1. hauptamtlicher Bürgermeister |
2. ehrenamtlicher Bürgermeister |
d. h. vollbeschäftigter Bürgermeister, eigene Verwaltung (Hauptamt, Finanzverwaltung, Bauhof, Standesamt, Einwohnermeldeamt, Ordnungsamt |
d. h. Bürgermeister stundenweise, eigene Verwaltungsaufgaben werden von anderen übernommen z.B. Verwaltungsgemeinschaft (Hauptamt, Finanzverwaltung, Bauamt, Standesamt, Einwohnermeldeamt, Ordnungsamt – nur noch teilweise in Stadtlengsfeld) |
Eigener Bauhof |
Eigener Bauhof |
Eigene Entscheidung des Stadtrates über Haushaltsmittel |
Eigene Entscheidung des Stadtrates über Haushaltsmittel |
Kosten der Verwaltung ca. 370.000,- € pro Jahr |
Kosten der Verwaltung ca. 270.000,- € pro Jahr |
Das Votum zu den vorgenannten Alternativen wird bis zum …………………erbeten, um rechtzeitig vor der Wahl des Bürgermeisters im Jahr 2006 eine Entscheidung über den weiteren Weg von Stadtlengsfeld treffen zu können.
Stadtrat der Stadt Stadtlengsfeld“[5]
Diese Dokumente hatten die Fraktionsvorsitzenden in der Woche zuvor ausgearbeitet. Es war ein Versuch mit der Brechstange. Die Fraktionsvorsitzenden forderten, dass der Stadtrat eine Bürgerbefragung in Stadtlengsfeld und Gehaus beschließt, ob die Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach beitreten soll. In der Fraktionssitzung der Freien Wähler erhielt die Vorsitzende Katrin Dehler kein Mandat, diesen Antrag zusammen mit der CDU- und SPD-Fraktion einzureichen. Sie tat es dennoch.
Die „Niederschrift zur Sitzung des Stadtrates am 19.01.06 in der Feldatalhalle Stadtlengsfeld“ verzeichnet:
„… Der Bürgermeister begrüßte unseren Ehrenbürger, Sanitätsrat Dr. Werner Krug, die Bürgermeister von Dermbach und Vacha sowie die anwesenden Bürger. Er führte zum Antrag aus: Der Antrag ist formell nicht zulässig. In der Stadtratssitzung am 15.09,05 wurde der Beschluss-Nr. 33/09/05 gefasst, einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung beim Landesverwaltungsamt zu stellen. Der Bescheid erfolgte antragsgemäß. Es gibt keinen Handlungsbedarf für die heutige Sitzung.
Der Antrag wurde durch die Fraktionsvorsitzenden erläutert.
Nach einer umfangreichen und ausführlichen Diskussion stellte der Stadtrat Leimbach den Antrag die Beschlussvorlage zurückzunehmen.
Abstimmung: 14/0/0“
Freies Wort schrieb am 21. Januar 2006 unter der Überschrift „Niederlage für Stadtlengsfelder Fraktionschefs“.[6]
Uwe Nitsche (CDU-Fraktionschef) begründete eingangs den Antrag mit den zukünftig schlechten finanziellen Möglichkeiten der Stadt. Rolf Leimbach (Freie Wähler) betonte, dass seine Fraktionsvorsitzende Katrin Dehler nicht die mehrheitliche Legitimation hatte, den Antrag zu unterzeichnen. Er selbst lehne das Papier ab und verneinte die Gültigkeit dieser Befragung. Auch warnte er vor der Aufgabe des Verwaltungsstandortes. Er befürchtete, dass die Stadt ohne hauptamtlichen Bürgermeister an Bedeutung verliert und dass weitere Einrichtungen wie Bibliothek und Fremdenverkehrsamt wegbrechen. Er sieht Stadtlengsfeld als Kleinzentrum im Feldatal in Gefahr, wenn es einer Verwaltungsgemeinschaft beitritt. Jürgen Pempel (FDP) bedauerte, dass er als Liberaler zum Antrag gar nicht gefragt worden war. Auch Manfred Wolfram (Freie Wähler) distanzierte sich von dem Antrag. Die SPD- Fraktionschefin Ilona Steffen hingegen verteidigte den Antrag. Sie findet es gut, dass so viele Bürger erschienen sind. Sonst sind zu den Stadtratssitzungen nur zwei bis drei Bürger anwesend.
Aus den Reihen der anwesenden Bürger kam Kritik am Antrag zur Bürgerbefragung: „Alle lachen über uns. Das Landesverwaltungsamt erteilte einen positiven Bescheid, und der soll nun infrage gestellt werden… Als im September der Beschluss gefasst wurde, die Ausnahmegenehmigung zu beantragen, da wurden wir auch nicht gefragt. Was soll das also jetzt?“ Eine Bürgerin gab zu bedenken, dass mit Aufgabe der Eigenständigkeit auch das Stadtrecht des Kurortes in Gefahr geraten könnte. „Schulleiter Helmut Voll bezeichnete den Antrag als ‚Bauchhöhlenschwangerschaft‘, die sofort abgetrieben werden muss“. Pfarrer Hartmut Dreßler mahnte: „Seid froh, dass euch das Landesverwaltungsamt diese Chance der Eigenständigkeit noch einmal gegeben hat.“ Und Ehrenbürger Dr. Werner Krug sagte, er sei gekommen, um den zu sehen, der den Mut habe, das 800 Jahre alte Stadtrecht zu verschachern. Sven Schwarz (CDU) findet es hingegen legitim, die Bürgermeinung abzufragen. Von einigen Bürgern wird der Verdacht geäußert, dass wohl die Gehauser den Antrag auf den Weg gebracht hätten, weil sie unzufrieden mit Stadtlengsfeld seien. Karsten Seelig (Ortsteilbürgermeister von Gehaus und CDU-Stadtratsmitglied) verneinte dies und sagte, der Antrag sei auf Stadtlengsfelder Initiative entstanden. Er würde dem Antrag jetzt auch nicht zustimmen, weil er keinen Vorteil für Gehaus bringt. Dermbachs Bürgermeister Gerhard Ruppert (CDU) warnte die Stadtlengsfelder vor der Aufgabe der eigenen Verwaltung: „Stadtlengsfeld hat mit dem Bescheid vom Landesverwaltungsamt einen Lottogewinn erzielt. Sie stehen davor, Stadtlengsfeld einen schweren Schaden zuzufügen. Mit einem ehrenamtlichen Bürgermeister sieht ein Ort wie Stadtlengsfeld steinalt aus,“ und er fügt hinzu, die Verwaltungsgemeinschaften sind in Thüringen ein Auslaufmodell. Vachas Bürgermeister Frank Pach (SPD) zeigte sich verwundert: „Ich frage mich, wie kann ein Stadtrat ohne Not solch einen Beschluss fassen wollen? Sie sind dabei, ihre Stadt zu demontieren.“ Ein Bürger machte seinen Unmut mit der Bemerkung Luft: „Wollen wir nicht lieber einen neuen Stadtrat wählen? Die eigenen Stadtlengsfelder hauen uns in die Pfanne.“
Rolf Leimbach stellt den Antrag, diese Beschlussvorlage zurückzunehmen. Dieser wurde einstimmig angenommen.
Zur diesjährigen Bürgermeisterwahl am 7. Mai muss Dr. Martin Walter als Einzelkandidat antreten. 2000 war er noch von der SPD-Ortsgruppe nominiert worden. Nun aber versagte diese ihre Unterstützung. Als Gegenkandidat tritt Ralf Adam an, der von den Freien Wählern nominiert wurde. Die „Südthüringer Zeitung berichtete am 4. März 2006, dass Adam auch von der CDU und der SPD unterstützt wird. „Das sagte der CDU-Fraktionschef Uwe Nitsche gestern gegenüber der stz mit Blick auf eine erweiterte Mitgliederversammlung der Union am 20. Februar, an der auch der CDU-Landratskandidat Reinhard Krebs teilgenommen hatte. Nitsche kritisierte gestern wiederholt die zu hohen Personalkosten in der Stadtverwaltung und das Festhalten an der Eigenständigkeit der Kommune. Den entsprechenden Antrag an das Landesverwaltungsamt auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die Einsetzung eines hauptamtlichen Bürgermeisters hatten jedoch im September 2005 sowohl Nitsche als auch die anderen Fraktionschefs im Stadtrat mitunterzeichnet. Der CDU-Mann wollte nach eigenen Angaben erreichen, dass das Landesverwaltungsamt richtig prüfe. Man habe sich von der Weimarer Behörde ähnliche Unterstützung gegen eine Ausnahmegenehmigung erhofft wie von der Kommunalaufsicht beim Landratsamt, räumte er gestern ein. Nitsche monierte zudem, dass es nicht zu einer Bürgerbefragung über eine weitere Eigenständigkeit gekommen war. Den entsprechenden Antrag hatten die drei Fraktionen bei einer Stadtratssitzung im Januar 2006 aber selbst wieder zurückgezogen. (ur)“[7]
Das ist bemerkenswert: Die CDU-Ortsgruppe steht hinter der Forderung, die Eigenständigkeit der Stadt zu beenden und wird dabei auch von der CDU des Wartburgkreises unterstützt. Anders ist die Teilnahme des Landratskandidates Reinhard Krebs nicht zu beurteilen. Ist der CDU das hohe Wählerpotential in Stadtlengsfeld für die Linken ein Dorn im Auge?
Schon vier Tage später reagierte die CDU-Stadtratsfraktion mit einer Presserklärung auf die Einzelkandidatur von Dr. Martin Walter.[8] Wieder wird die Gefahr fehlender Investitionen durch zu hohe Verwaltungskosten heraufbeschworen. Zurzeit sind größere Vorhaben der Stadt nur noch durch den Verkauf von „Tafelsilber“ möglich. Dann ist der „Fördermittelkuchen“ aufgegessen. Deshalb will die CDU-Fraktion die Stadt „in eine größere, leistungsfähigere Struktur“ überführen. Was damit letztendlich gemeint ist, wird in den folgenden Sätzen deutlich: „Die mögliche „Heirat“, falls dies in den gewachsenen und historischen Strukturen durchgeführt werden sollte, werde noch zusätzlich dadurch erschwert, dass zum Beispiel mit der Gemeinde Dermbach keine gemeinsamen Gemeindegebietsgrenzen bestehen (was jedoch gesetzlich notwendig ist), wohl aber mit der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach.“
Die Erfolglosigkeit des Antrages auf eine Bürgerbefragung zum Eintritt in die Verwaltungsgemeinschaft Dermbach begründete die CDU-Fraktion mit Terminschwierigkeiten. Deshalb sei der Antrag in der Stadtratssitzung am 19.01.2006 zurückgezogen worden. Das ist die Unwahrheit. Der Antrag der Fraktionen scheiterte am heftigen Protest der Stadtlengsfelder Bürger, wie die Presseveröffentlichung des Freien Wortes vom 19.01.2006 verdeutlichte.
Das machte Stadtrat Rolf Leimbach in eine Stellungnahme deutlich[9]: „… Tatsächlich steht laut Leimbach im Sitzungsprotokoll vom 19. Januar: „Nach einer umfangreichen und ausführlichen Diskussion stellte der Stadtrat Leimbach den Antrag, die Beschlussvorlage zurückzunehmen. Dieses Protokoll wurde auf der Stadtratssitzung am 21. Februar in Gehaus einstimmig bestätigt. „Zwischen ‚zunächst zurückgestellt‘ und ‚die Beschlussvorlage zurückzunehmen‘ liegen in ihrem Bedeutungsgehalt Welten“, so Rolf Leimbach. Es entspreche auch nicht der Wahrheit, dass eine zu kurze Zeitschiene zum Scheitern des Antrages auf die Durchführung einer Bürgerbefragung beitrug. „Es waren die Wortmeldungen und Proteste der anwesenden Bürger und Gäste, die sich einhellig gegen eine vorschnelle Aufgabe der Eigenständigkeit der Gemeinde wandten (Rhönseite vom 21. Januar). Dem Landesverwaltungsamt wird in der Erklärung der CDU-Fraktion vorsätzlich unterstellt, es wolle die ‚logische Bitte der Stadträte um Prüfung und Unterstützung bei der zukünftigen Sicherung der für die Bürger notwendigen Ausgaben … (noch) nicht hören‘. Hier bin ich auf die Reaktion des Landesverwaltungsamtes neugierig“, heißt es in der Erklärung von Rolf Leimbach. (red)“
Bürgermeister Dr. Martin Walter nimmt am 13. März 2006 noch einmal Stellung zur Bewilligung der Eigenständigkeit[10]: „Die Stadt habe insbesondere in den letzten Jahren gerade wegen der erkennbaren Entwicklung der Einwohnerzahlen viel zur Erhöhung der Attraktivität sowie zur Kostenreduzierung geleistet. Auch und gerade dem drohenden Verlust der Eigenständigkeit entgegenzuwirken.
„So hat Stadtlengsfeld mit 179 Euro pro Einwohner die mit Abstand niedrigsten Personalkosten, der Landesdurchschnitt liegt bei 297 Euro, in Nachbarkommunen werden bis 430 Euro erreicht.“ Die Gebietsreform werde auch um Stadtlengsfeld keinen Bogen machen. „Dem Stadtrat und dem Bürgermeister wird es obliegen, unter Einbeziehung der Bevölkerung das für eine erfolgreiche Zukunft beste Konzept zu erarbeiten und umzusetzen. Dazu seien Ehrlichkeit und Sachlichkeit oberstes Gebot. „Mit dem Bescheid des Landesverwaltungsamtes und der nochmaligen Wahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters haben wir nicht sechs Jahre verloren, sondern eine vielleicht einmalige Chance zur Gestaltung unserer eigenen Zukunft erhalten. Helfen Sie alle mit, dass uns das gelingt“, heißt es in der Erklärung von Dr. Martin Walter. (red)“
Bei der Bürgermeisterwahl im gleichen Jahr unterliegt er seinem Mitbewerber Ralf Adam.
2007
In der Stadtratssitzung vom 14. September 2007 informiert der Bürgermeister über den Stand zur Regionalplanung Südthüringen. Danach sollen Grund-, Mittel- und Oberzentren gebildet werden. Im unteren Feldatal gibt es kein Grundzentrum mehr. Stadtlengsfeld ist dem Mittelzentrum Bad Salzungen zugeordnet. Das bedeutet Rückschritte in der Entwicklung der Stadt. Der Haupt- und Finanzausschuss legte dazu Widerspruch ein. Eine Rückmeldung der Regionalen Planungsstelle Südwestthüringen auf den Widerspruch sei bisher nicht erfolgt.
2009
Der Regionalplan Südwestthüringen wurde am 01.12.2009 von der Regionalen Planungsgemeinschaft beschlossen.[11]In ihm sind Ziele und Grundsätze der Raumordnung formuliert. Stadtlengsfeld ist in diesem Jahr noch dem Grundzentrum Bad Salzungen zugeordnet.
Bildunterschrift: ▪Grundversorgungsbereich Bad Salzungen (Mittelzentrum) – Stadt Bad Salzungen sowie die Stadt Stadtlengsfeld und die Gemeinden Barchfeld, Frauensee, Immelborn, Leimbach, Merkers-Kieselbach, Moorgrund, Tiefenort
In der Öffentlichkeit sind diese Planungen und ihre Konsequenzen kaum bekannt.
Dies festzustellen ist für die Entwicklung Stadtlengsfelds bedeutsam, denn in den folgenden Monaten entwickelt sich eine lebhafte Diskussion, ob die Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld sich nach Dorndorf und Merkers orientiert oder nach Dermbach.
Auch im CDU-Kreisverband regt sich Widerspruch, denn Dermbach und Geisa sind als Grundzentren nicht vorgesehen.
2011
Im Jahr 2012 stehen wieder Bürgermeisterwahlen an. Stadtlengsfeld wird wieder eine Entscheidung abverlangt, ob sie einen hauptamtlichen oder nebenamtliche Bürgermeister wählen sollen. Für ersteren müsste wieder eine Ausnahmeerlaubnis aus Erfurt eingeholt werden. Zudem arbeitet die Thüringer Landesregierung an einer Verwaltungsreform.
Noch bis Ende 2012 hat Stadtlengsfeld Zeit, sich freiwillig für Verwaltungsreform zu entscheiden: Bildung einer Einheitsgemeinde mit Dorndorf/Dietlas, Merkers/Kieselbach oder Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach. Nach dieser Frist entscheidet die Landesregierung per Gesetz über eine dieser Möglichkeiten.
Mit Beschluss vom 31.01.2011 veröffentlicht die Gemeinde Dorndorf folgende Willenserklärung: „Die Gemeinden Dorndorf, Frauensee, Merkers-Kieselbach und die Stadt Stadtlengsfeld befinden sich seit Längerem in Gesprächen über einen Gemeindezusammenschluss. Hierzu wurden in jeder Kommune aus den Reihen der Mitglieder der Gemeinderäte bzw. des Stadtrates eine Arbeitsgruppe gebildet, welche in gemeinsamen Gesprächen alle anstehenden Fragen beraten und klären soll. … Der Gemeinderat der Gemeinde Dorndorf bekundet hiermit öffentlich seinen Willen, sich im Rahmen einer künftigen Gebietsreform ausdrücklich zum Zusammenschluss mit der Gemeinde Merkers-Kieselbach und der Stadt Stadtlengsfeld zu bekennen, sofern diese ebenfalls diesen Willen bekunden und die Voraussetzungen für den Zusammenschluss schaffen …“
Die Stadtratsmitglieder Manfred Achterberg, Karsten Seelig, Uwe Nitsche, Jürgen Pempel und Torsten Scheer brachten zur Stadtratssitzung im Juli eine Beschlussvorlage ein, in der es heißt, dass eine Bürgerversammlung und ein Bürgerentscheid zur künftigen Gemeindegebietsstruktur bis zum 30. Oktober 2011 durchzuführen ist[12]. Sie begründen ihren Antrag mit Termindruck hinsichtlich der Bürgermeisterwahl, die Frühjahr 2012 ansteht. Ralf Adam und Rolf Leimbach warnten davor, Zeitdruck aufzubauen. Die Beratungen mit Dorndorf, Merkers und Dermbach seien noch nicht abgeschlossen. Ralf Adam monierte zudem, dass in Gehaus Plakate angebracht werden, die zu einem Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach aufrufen.
Diese Plakate wurden nach eigenem Bekunden vom Stadtratsmitglied Karsten Seelig angebracht. Damit verstößt er gegen einen Stadtratsbeschluss, dass die Bürger nach den Beratungen umfassend informiert werden und sich dann in einer Bürgerbefragung frei entscheiden können. Diese Plakate sind demnach ohne Zweifel Wahlbeeinflussung.
Der Gemeinderat Merkers-Kieselbach rückte inzwischen vom Zusammenschluss mit Dorndorf und Stadtlengsfeld ab. Der damaligen Bürgermeisterin von Merkers, Sollmann, geht der Prozess zur Entscheidungsfindung in Stadtlengsfeld zu langsam.[13]
Dennoch kommt es am 6. September 2011 noch einmal zu einer Zusammenkunft der Arbeitsgruppen aus Stadtlengsfeld, Merkers-Kieselbach und Dorndorf.[14] Die Arbeitsgruppe Dorndorf stellt ihre Standpunkte folgendermaßen dar:
- Sie hält weiter an der Bildung einer Großgemeinde Dorndorf, Merkers-Kieselbach und Stadtlengsfeld fest.
- Die Gemeinde Dorndorf erhebt keine Ansprüche auf Ämtersitze. Sie sollen dortbleiben, wo sie vernünftig sind.
Die 3 Verwaltungen der Gemeinden werden beauftragt zur nächsten Gemeinderatssitzung die Beschlüsse für einen Vertragsentwurf zur Bildung einer Landgemeinde vorzubereiten. Danach findet das Zusammentreffen der Arbeitsgruppen statt.
Doch dazu kommt es nicht mehr.
Freies Wort berichtet am 7. September 2011 über ein Schreiben des VG-Vorsitzenden Werner Gorecki: „Die Gemeinschaftsversammlung (der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach – R. Leimbach) begrüßte einhellig die eventuelle Erweiterung der VG mit Stadtlengsfeld als gleichberechtigtes Mitglied. Wenn sich der Stadtrat als oberste Prämisse setzte, die Eigenständigkeit der Stadt zu erhalten, wäre der Beitritt zur VG der Schritt in die richtige Richtung.“ Gorecki versprach, die Finanz- und Planungshoheit bliebe erhalten, auch der Stadtrat würde nicht zum Ortschaftsrat degradiert. Für die Bürger von Stadtlengsfeld sei es wichtig, dass sie an bestimmten Tagen zu bestimmten Öffnungszeiten zur Stadtverwaltung gehen können und dort Ansprechpartner finden, die ihre Anliegen aufnehmen und weiterleiten. Diese Versprechungen, die nie eingehalten werden, entfalten eine fatale Wirkung für das Wahlverhalten der Einwohner in der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld. Sie sollen zwischen dem 7. und 9. November wählen, ob die Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach beitritt oder mit den Gemeinden Dorndorf und Merkers-Kieselbach eine Landgemeinde im unteren Feldatal bildet. Viele Bürger wollten es zu diesem Zeitpunkt nicht wahrhaben, dass der Weg in die Verwaltungsgemeinschaft Dermbach letztendlich dazu führt, Stadtlengsfeld als Ortsteil in die Gemeinde Dermbach zu überführen.
In Vorbereitung der Bürgerbefragung wird im Amtsblatt „Der Baierbote“ ein Informationsblatt des Bürgermeisters veröffentlicht:
„Gebietsreform
In den letzten Wochen wurden die Gespräche zur Gebietsreform durch die Arbeitsgruppe zielgerichtet weitergeführt.Für unsere Einheitsgemeinde ergibt sich nach derzeitigen Stand 2 Möglichkeiten. Einmal den Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach und zum anderen die Bildung einer neuen Struktur im Feldatal, eine Landgemeinde mit den Ortschaften Dorndorf und Merkers/Kieselbach. Grundsätzlich wird von allen Nachbargemeinden ein Zusammenschluss mit unserer Stadt begrüßt. Für uns gilt es nun das Für und Wider abzuwägen und in einer Bürgerversammlung letztendlich eine Entscheidung zu treffen. Noch befinden wir uns in der Freiwilligkeitsphase, das heißt, wir können uns unseren Partner selbst aussuchen. In jedem Fall wird die Stelle des hauptamtlichen Bürgermeisters durch einen ehrenamtlichen Bürgermeister ersetzt. Wenn man aus den gewonnenen Erkenntnissen der Gespräche der Arbeitsgruppe mit den Gemeinden eine Wertung vornimmt, kommt man zu folgendem Ergebnis:
Landgemeinde Verwaltungsgemeinschaft
1) Erhaltung bürgernahe Verwaltungsstrukturen ja nur begrenzt
2) Finanzielle Zuweisungen vom Land höher niedriger
3) Förderung des Gemeindezusammenschlusses möglich nein
4) politische Strukturen Ortsteilrat Stadtrat
Der Haushaltsvollzug für den Aufgabenbereich der Stadt abliegt bei einem Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft dem Stadtrat der Stadt Stadtlengsfeld. Die übertragenen Aufgaben (z.B. Standesamt, Einwohnermeldeamt) werden durch die Verwaltungs-gemeinschaft (VG) wahrgenommen. Bei einer Landgemeinde obliegt der Vollzug dem Landgemeinderat. Zur Erfüllung der Aufgaben in den Ortschaften werden Mittel in den Haushalt bereitgestellt. Über die verfügt der Ortschaftsrat. Der Landgemeinderat besteht aus Mitgliedern der einzelnen Gemeinden, die durch eine Wahl berufen werden. Die angeführten Vergleiche sind nicht vollständig. Bei der im Oktober 2011 stattfindenden Bürgerversammlung wird umfassend Stellung genommen. Der Termin wird über die Presse und den Informationstafeln bekannt gegeben. Ich bitte um eine rege Beteiligung – es geht um die Zukunft unserer Einheitsgemeinde.“
Am 28.10.2011 wurden die Bürger der Einheitsgemeinde in die Stadthalle zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Die Halle war voll besetzt. Als Gäste waren Frank Pach, Bürgermeister von Vacha, Ingo Jendrusiak, Bürgermeister von Dorndorf, Holland-Nell, Bürgermeister von Steinbach, Martin Becker von der Kommunalaufsicht und Werner Gorecki, Vorsitzender der VG Dermbach erschienen. „Ralf Adam erklärte die Notwendigkeiten zum Handeln sowie den Stand der Dinge in den Arbeitsgruppen. So habe es bislang zwölf Gesprächsrunden mit Vertretern der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach, der Gemeinde Domdorf/Dietlas und der Gemeinde Merkers-Kieselbach gegeben. Martin Becker stellte die drei Verwaltungsformen vor: die Verwaltungsgemeinschaft mit den Orten Dermbach, Weilar, Urnshausen, Wiesenthal, Zella, Brunnhartshausen und Neidhartshausen sowie den Zusammenschluss mit den Orten Dorndorf, Merkers-Kieselbach als Einheitsgemeinde oder als Thüringer Landgemeinde.“[15] Pach und Holland-Nell empfahlen aus ihren Erfahrungen als Bürgermeister in ihren Beiträgen den Beitritt zu einer Landgemeinde mit Dorndorf und Merkers. Jendrusiak stellte klar, dass die Gemeinde Dorndorf keinen Anspruch auf den Verwaltungssitz in Dorndorf stellt. Becker vermutete, dass bei einem Zusammenschluss mit Dorndorf und Merkers das Stadtrecht auf alle Gemeinden übergeht. Einige Bürger, besonders aus Gehaus, und Gorecki bemängelten, dass diese Veranstaltung zu sehr auf einen Zusammenschluss mit Dorndorf und Merkers orientiert.
Stadtrat Leimbach fasste seinen Standpunkt zur anstehenden Bürgerbefragung in einer Stellungnahme in einer Pressemitteilung vom 2. November zusammen: „Für mich standen die Erhaltung der politischen Selbstständigkeit und die Gewährung größtmöglicher Bürgernähe zur Verwaltung immer im Vordergrund. Deshalb wurden mit der VG Dermbach mehrere Gespräche geführt. Die Vertreter der VG stellten letztendlich in Aussicht, in Stadtlengsfeld ein Bürgerbüro zeitweise zu besetzen. Das war für mich und einige Mitglieder der Arbeitsgruppe im Interesse der Bürgernähe einfach zu wenig. Ich frage mich auch, ob es sinnvoll ist, bei einer Verlagerung der kompletten Verwaltung die Inneneinrichtung des Rathauses in Stadtlengsfeld einfach aufzugeben. Büroeinrichtungen, vernetzte Computer usw. stellen einen Wert von mehreren Hunderttausend Euro dar. Und wie soll die Stadt dieses Haus unterhalten und nutzen, nachdem die Verwaltung ausgezogen ist? … Da stellt sich für mich die Frage, ob es sinnvoll ist, einer VG mit neun Mitgliedgemeinden beizutreten, die zudem bezüglich der Einwohnerzahl, der Infrastruktur und der Wirtschaftskraft große Unterschiede aufweisen. Oder hat eine Landgemeinde, die aus drei Gemeinden mit ähnlicher Einwohnerzahl, Wirtschaftskraft und Infrastruktur nicht doch größere Gestaltungskraft? Unbestritten sind in diesem Falle auch bedeutend höhere finanzielle Zuweisungen des Landes… Noch besteht die Möglichkeit für uns, in einer Landgemeinde für alle Gemeinden vorteilhafte und bürgerfreundliche Strukturen in den Verhandlungen zu gestalten. Mit einem Beitritt zur VG müssen wir uns bestehenden, kaum noch zu verändernden Strukturen beugen. Die finanzielle Situation der Stadt wird sich verschlechtern. Unbeschadet dieser Meinungsäußerung soll jeder Bürger seine Entscheidung fällen.“[16]
Die Stadtratssitzung am 1. November endete mit einem Eklat: „Der Stadtrat der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld steht deshalb vor einer Zerreißprobe. Der Streit um die anstehende Gebietsreform spaltet in Stadtlengsfeld, Gehaus, Hohenwart und Menzengraben nicht nur die Bewohner in Gegner und Befürworter der einen oder anderen Beitrittsvariante, sondern auch die Stadträte selbst.
Während ihrer jüngsten Parlamentssitzung am Dienstagabend hatten sich einige Stadträte offen für einen Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach ausgesprochen, während andere, inklusive des Bürgermeisters, eine Einheitsgemeinde mit Orten der Krayenbergregion favorisieren. Was als Diskus-
sion über die Ergebnisse der Einwohnerversammlung zum Thema Gebietsreform begann, endete in offenem Streit mit persönlichen Anfeindungen. Auf Vorschlag eines Stadtrates wurde die Sitzung nach mehrstündiger Debatte vorzeitig abgebrochen.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren lediglich die Tagesordnungspunkte Kostenspaltungssatzung des WVS,
Informationen des Bürgermeisters und Bürgerfragestunde abgehakt. Im Rahmen der Bürgerfragestunde waren sich die Stadträte und der Bürgermeister in die Haare geraten. Wenigstens war man sich insofern einig darüber, dass die Einwohner bei dem anstehenden schriftlichen Gebietsreform-Votum „schon richtig entscheiden werden", denn sie seien ja „nicht dumm".[17]
Der Vorsitzende der VG Dermbach, Werner Gorecki schließt in einem Leserbrief im Freien Wort vom 3. November aus, dass die Ängste der Bürger um den Verlust des Rathauses mit seinen Einrichtungen begründet seien. Hinsichtlich der Nutzung der Räume des Rathauses würde es so gut wie keine Veränderungen geben.
Die Bürgerbefragung endete mit folgendem Ergebnis:
Ergebnis Bürgerbefragung Gebietsreform 10.11.2011
Ausgegebene Wahlscheine
- Stadtlengsfeld 1575
- Gehaus 598
Eingegangene Wahlscheine
- Stadtlengsfeld 1085
- Gehaus 488
Ergebnis
Stadtlengsfeld
- Landgemeinde/Einheitsgemeinde: 430
- Verwaltungsgemeinschaft: 655
- Ungültig: 7
Gehaus
- Landgemeinde/Einheitsgemeinde: 39
- Verwaltungsgemeinschaft: 444
- Ungültig: 7
Ergebnis total
- Landgemeinde/Einheitsgemeinde: 469
- Verwaltungsgemeinschaft: 1099
In der Sitzung am 24.11.2011 bekundete der Stadtrat den Willen zum Beitritt in die Verwaltungsgemeinschaft Dermbach. Bürgermeister Ralf Adam begründete die kurzfristige Einladung mit Terminproblemen. Stadtrat Leimbach kritisierte die Einladungsfrist als Verletzung der Geschäftsordnung. Tatsächlich bescheinigte die Kommunalaufsicht des Wartburgkreises in einem Schreiben an den Bürgermeister Adam am 26.03.2012 die Unheilbarkeit des Mangels für die Einladung zur Stadtratssitzung am 24.11.2011 und auch für die Einladung zur Stadtratssitzung am 13.02.2012. Somit läge ein wirksamer Beschluss des Stadtrates über den Beitritt der Stadt Lengsfeld zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach nicht vor.
Inzwischen geht die Arbeit am Landesentwicklungsplan 2025 weiter. Der Thüringer Minister für Bau, Landesentwicklung und Verkehr, Christian Carius (CDU), erläutert im Geisaer Schloss den Entwurf. „Ganz einverstanden sind die Bürgermeister im Wartburgkreis mit dem Entwurf nicht; denn von den bisher zehn Grundzentren sollen vier wegfallen: Bad Liebenstein, Dermbach, Geisa und Mihla. Diese Kommunen bekämen dann wohl auch weniger Geld vom Land, um ihre Infrastruktur aufrechtzuerhalten beziehungsweise auszubauen. Deswegen hoffen sie auf den nächsten LEP-Entwurf, der laut Carius im Mai vorgestellt werden soll…Minister Carius erläuterte diese Vorgaben genauer und machte Geisa und auch Dermbach Hoffnung; diese Orte seien Grenzfälle.“[18]
Nicht erst jetzt erweist sich, wie „wertvoll“ ein Beitritt von Stadtlengsfeld zur VG Dermbach für die Gemeinde Dermbach ist. Mit diesem Beitritt ist Stadtlengsfeld mit einem nur ehrenamtlichen Bürgermeister und ohne eigene Verwaltung im Prinzip „kopflos“. Das kann auch die vielbeschworene Selbstständigkeit in Form eines amtierenden Stadtrates nur mühsam verschleiern.
2012
Man sollte meinen, das mit dem Beitritt von Stadtlengsfeld in die Verwaltungsgemeinschaft Dermbach nun Ruhe in die Gebiets- und Verwaltungsfront einzieht. Aber schon im Februar schlägt der Dermbacher Bürgermeister Thomas Hugk (CDU) weitere Pflöcke ein, die den Keim zu weiterer Unruhe, weiteren Streit und bösen Verdacht in sich tragen. So schreibt er am 14. Februar 2012 im Freien Wort: „Er halte … Bestrebungen, wie zum Beispiel in Vacha, die VG in eine Einheits- oder Landgemeinde umzuwandeln, für ‚plausibel und auch verständlich‘. Das Thema Gebietsreform sei derzeit vielerorts präsent, ‚und ich denke mal, auch in der VG Dermbach sollten sich darüber irgendwann Gedanken gemacht werden‘, befand Thomas Hugk. Unabhängig davon sei aber die Erweiterung der VG um Stadtlengsfeld ein richtiger Schritt, weil damit das Gebiet Dermbach mit mehr als 9.000 Einwohnern für die Zukunft gestärkt werde.“[19]
Fast unverblümt malt Hugk das Zukunftsszenario für die Stadt Stadtlengsfeld: sie wird als Ortsteil in die Gemeinde aufgehen und ihre Rechte als eigenständige Stadt, wie zum Beispiel die kommunale Selbstbestimmung an Dermbach abliefern. Dermbach zuerst!
Einstimmig verabschiedete Stadtlengsfelds Stadtrat die Vereinbarung zum Beitritt des Ortes zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach.“, meldete Freies Wort am 16. Februar 2012. Zu dieser Sitzung am 13. Februar waren Martin Becker, Leiter der Kommunalaufsicht des Wartburgkreises, VG-Chef Werner Gorecki und seine beiden Stellvertreter Thomas Hugk und Harald Fey anwesend. Auf Antrag von Uwe Nitsche wurde ihnen Rederecht eingeräumt. Bürgermeister Ralf Adam informierte, dass im Stadtlengsfelder Rathaus ein Bürgerbüro vorgehalten wird und dort nach Terminvereinbarung fachgerechte Beratung möglich sei. Es soll nicht sein, dass unsere Verwaltung aus dem Rathaus von einem Tag auf den anderen verschwindet. Auch Gorecki versprach den weichen Übergang: die Rathaustür wird nicht am 2. Januar 2013 verschlossen. Es sei daran erinnert, dass diese Versprechungen nicht eingehalten wurden. Becker verriet zum Ende der Sitzung, dass Erfurt die Fusion mit der VG Dermbach favorisiert habe und einer Lösung in Richtung Krayenberg-Region skeptisch gegenüberstand.
Wie auf Seite …schon erwähnt, wird diese Sitzung des Stadtrates von der Kommunalaufsicht des Wartburgkreises mit Schreiben vom 26. März 2012 beanstandet. Die Ladung erfolgte nicht fristgerecht. Dieser Mangel war nicht heilbar.
Doch der Beitrittsvertrag war nicht das Papier wert, auf dem er geschrieben wurde. Die bisherigen Mitglieder der Verwaltungsgemeinschaft waren nicht damit einverstanden, dass im Vertrag der Paragraf 4a eingefügt war. Er regelte den sogenannten „weichen Übergang“ der Verwaltung von Stadtlengsfeld nach Dermbach (Bürgerbüro, Personalübernahme). Den vorliegenden Beitrittsvertrag können sie so nicht zustimmen. Es wurde beschlossen, ihn neu zu verhandeln.[20]
Es gibt weiteren Ärger. Im Entwurf des Landesentwicklungsplanes 2025 ist Dermbach nicht mehr vorgesehen. Ein Grundzentrum soll eine angemessene Grundversorgung mit Waren, Dienstleistungen, medizinischer Betreuung, Leistungen des Bildungswesens sowie kulturelle und sportliche Angebote für die umliegenden Gemeinden sicherstellen. Das Schwimmbad in Dermbach wäre also sicher, eine Bibliothek wohl auch, um nur zwei Beispiele zu nennen. Aber sind sie dann auch noch in den zum Grundzentrum gehörenden Gemeinden sicher oder werden sie dort (z.B. aus wirtschaftlichen Zwängen) geschlossen? Das Grundzentrum hat sie doch und bekommt zu ihrer Aufrechterhaltung noch finanzielle Mittel vom Land. Tatsächlich verärgert eine solche Entwicklung einige Bürgermeister. Sie befürchten, dass kleinen Dörfern die Lebenskraft entzogen wird. Gerecht sei das nicht, befand Staudt, Bürgermeister von Neidhartshausen, und schilderte die Realität in seinem Ort: „Wenn ich frühmorgens eine Semmel essen will, muss ich aus dem Haus raus, muss mich ins Auto setzen und nach Dermbach fahren. Oder wenn ich mir vom Fleischer was holen will oder zum Arzt muss - ich muss immer aus dem Ort raus und woanders hinfahren."[21] Die Gemeinschaftsversammlung beschloss, die Ausweisung Dermbachs als Grundzentrum beim Land als zwingende Notwendigkeit anzuzeigen.
Die Stadtlengsfelder hatten einen Vereinbarungsentwurf zum Beitritt in die Verwaltungsgemeinschaft (VG) erarbeitet und auch verabschiedet. Darin ist unter anderem verankert, dass in der Feldastadt dauerhaft ein Bürgerbüro als Anlaufstelle erhalten bleibt. Dem Ortsparlament lag ein Vereinbarungsentwurf vor, den die Arbeitsgruppe der VG erarbeitet hatte. Darin sind deren Standpunkte festgeschrieben. „In den Fragen des Bürgerbüros und der Forderung, dass die Technik aus dem Stadtlengsfelder Rathaus ohne Ausgleich der VG übergeben wird, sind wir uns nicht nähergekommen", sagte Adam. Der Haupt- und Finanzausschuss hatte daher empfohlen, am Donnerstag, dem 31. Mai 2012 den Vertragsentwurf aus Dermbach abzulehnen. Darüber gab es im Stadtrat geteilte Meinungen.
Rolf Leimbach votierte für die Ablehnung des Entwurfs: „Wir haben die Diskussion zum VG-Beitritt so geführt, dass die Bevölkerung davon ausging, dass es in Stadtlengsfeld ein Bürgerbüro geben wird. Wenn wir davon jetzt abrücken, brauche ich nicht mehr durch Stadtlengsfeld zu laufen, dann haben wir die Bürgerbefragung unter falscher Prämisse durchgeführt". Die VG hatte lediglich angeboten, versuchsweise jeweils mittwochs von 13 Uhr bis 15.30 Uhr eine Sprechstunde im Rathaus anzubieten. „Wer kann zu dieser Zeit überhaupt erscheinen? Das hat mit bürgernaher Verwaltung nichts zu tun", beklagte Leimbach.[22]
Dazu gibt die VG Dermbach am 09. Juni 2012 folgende Stellungnahme ab:
„Ein Bürgerbüro - besetzt durch Mitarbeiter der Verwaltungsgemeinschaft - können und wollen wir dauerhaft nicht einrichten. Die Kosten würden für alle Mitgliedsgemeinden (auch für Stadtlengsfeld) zur Folge haben, dass die Umlage entsprechend erhöht werden müsste."
Die Arbeitsgruppe stehe einem Beitritt der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld zur Verwaltungsgemeinschaft nach wie vor offen gegenüber und bietet eine gleichberechtigte Partnerschaft an. Eine bedarfsgerechte Betreuung vor Ort werde gewährleistet. Als Entgegenkommen bietet die Verwaltungsgemeinschaft (für eine Übergangsfrist von sechs Monaten) eine zusätzliche wöchentliche Sprechstunde von zwei Stunden an.
„Durch die Sprechzeiten der zentral gelegenen und somit für alle Bürger gut erreichbaren Verwaltung, mit den Sprechstundenangeboten des Bürgermeisters der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld und des Ortsteilbürgermeisters von Gehaus, ist nach unserer Meinung die eingeforderte Bürgernähe voll gegeben", heißt es abschließend.[23]
Die entscheidende Stadtratssitzung fand am 5. Juli 2012 statt. Freies Wort berichtete:
„Eigentlich hatte der Stadtrat im vergangenen November schon den Beitrittsbeschluss gefasst. Bestandteil des Beschlusses war das Vertragswerk, welches die Modalitäten der Mitgliedschaft regelt. Die Stadtlengsfelder Vorlage fand allerdings bei den Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft (VG) keine Mehrheit. Diese fassten deshalb jeweils zwei Beschlüsse: In einem stimmten sie dem Beitritt Stadtlengsfelds zu, im zweiten segneten sie das Vertragswerk ab, allerdings in modifizierter Form. Während im Stadtlengsfelder Vertrag ein Bürgerbüro im Rathaus der Feldastadt festgeschrieben ist, gibt es im Paragrafenwerk der Mitgliedsorte lediglich auf sechs Monate befristet eine Sprechzeit jeden Mittwoch von 13 Uhr bis 15.30 Uhr. Aufgrund der unterschiedlichen Beschlusslage konnte bislang der VG-Beitritt Stadtlengsfelds nicht vollzogen werden… Die Stadträte Dr. Manfred Achterberg, Karsten Seelig, Uwe Nitsche, Jürgen Pempel und Torsten Scheer brachten am Donnerstag eine Beschlussvorlage mit zwei getrennten Beschlüssen über Beitritt und Vereinbarung ein… „Für mich steht nur die Frage: Was verbessert sich für die Bürger, wenn wir der VG beitreten? Für die Bürger verbessert sich dadurch nichts, noch nicht einmal das Schwarze unterm Fingernagel. Danach werde ich von den Bürgern gefragt", argumentierte Rolf Leimbach, der sich dafür aussprach, die Vereinbarung ohne Bürgerbüro abzulehnen… Der Stadtrat habe immer betont, sich so lange wie möglich für die Eigenständigkeit Stadtlengsfelds einzusetzen. „Jetzt kommen wir an einen Punkt, wo dies laut Gesetz nicht mehr geht und wir Entscheidungen treffen müssen", erklärte Karsten Seelig. Jeder Bürger müsse die Vernunft hierfür aufbringen, zumal als VG-Mitglied die Einheitsgemeinde rechtlich ihre Eigenständigkeit behält. Besonders die Gehauser drängten, endlich den VG-Beitritt zu vollziehen. Rosi Scheel (Ortsteilrat) meinte: „Ich verstehe das ganze Gejammer nicht. Wir fahren von Gehaus zu allen Amtsgeschäften nach Stadtlengsfeld." Dermbach liege für sie sogar günstiger, weil die Straße zwischen Gehaus und Stadtlengsfeld so schlecht sei: „Wenn wir da lang fahren, müssen wir das Maul zuhalten, sonst fällt uns das Gebiss heraus." Man brauche kein Bürgerbüro im Rathaus, Bürgermeister und Sekretärin als Ansprechpartner würden völlig ausreichen… Ilona Steffen und Rolf Leimbach erinnerten an die Beschlussvorlage des Haupt- und Finanzausschusses, in der eine Ablehnung der Vereinbarung empfohlen wurde. „Der Hauptausschuss hatte gefordert nachzuverhandeln. Das ist geschehen, aber mehr ist nicht rauszuholen", antwortete Nitsche. Auch Jürgen Pempel sprach sich für ein „Ja" zur Vereinbarung aus: „Dermbach hat uns aufgenommen, wir sind uns in allen anderen Punkten einig geworden. Wir sollten schleunigst Nägel mit Köpfen machen, sonst werden wir unglaubwürdig… Dem erneuten Beitrittsbeschluss stimmte der Stadtrat am Donnerstag mit elf Ja-Stimmen (bei drei Gegenstimmen) zu. Für die Vereinbarung, so wie sie von den VG-Mitgliedsgemeinden verabschiedet wurde, stimmten zehn Stadträte, vier votierten dagegen. Damit ist auch das Para-grafenwerk beschlossene Sache".
Die Eingemeindung von Stadtlengsfeld in die VG Dermbach schreibt sich auch der CDU-Kreisverband als Erfolg auf seine Fahnen. Das bekennt der damalige Kreisvorsitzende der CDU, Christian Hirte auf dem CDU-Kreisparteitag im November 2012.
Aber es gibt erneut Probleme. Die Kommunalaufsicht des Wartburgkreises teilt dem Vorsitzenden der VG Dermbach in einem Schreiben vom 16. August 2012 folgendes mit: „Gemäß § 46 Abs. 1 ThürKO sind die Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft sowie die Stadt Stadtlengsfeld berechtigt, einen Antrag zur Erweiterung bzw. Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach zu stellen. Gemäß dem beigefügten Beschluss des Landtages vom 15.122011 bringt der Landtag jedoch zum Ausdruck, dass Verwaltungsgemeinschaften nur noch ausnahmsweise erweitert werden sollen, wenn die Zuordnung einzelner Gemeinden dies zwingend erforderlich mache… Bislang liegt hier kein Antrag auf Erweiterung der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach um die Stadt Stadtlengsfeld vor… Die zwischen den Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft und der Stadt Stadtlengsfeld verhandelnde Vereinbarung zu den Modalitäten des Beitritts wurde, soweit bekannt, in den Gemeinderäten der Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft, (bislang) noch nicht behandelt. Jedenfalls liegen entsprechend bestätigte Beschlüsse der Gemeinderäte nebst Ermächtigung des Bürgermeisters zur Unterzeichnung nicht vor. Nach alledem bitte ich zunächst um Auskunft, ob die Vereinbarung zwischen den Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach und der Stadt Stadtlengsfeld zwischenzeitlich ausverhandelt ist. Wenn dem so ist, bitte ich zu der Vereinbarung Beschluss fassen zu lassen. Sodann bitte ich die Erweiterung der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach formal (neu) zu beantragen und hier die entsprechenden Unterlagen vorzulegen.“
An alle im Thüringer Landtag vertretenden Parteien wurde folgendes Schreiben gesendet.
„Stadtlengsfeld, den 13.10.2012
Rolf Leimbach
Eisenacher Straße 18
36457 Stadtlengsfeld
Thüringer Landtag
CDU – Fraktion
Jürgen-Fuchs-Straße 1
99096 Erfurt
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Unterzeichner dieses Schreibens wenden sich mit der Bitte an Sie, die im Anhang des Schreibens dargelegten Gedanken in der Diskussion zu Verwaltungs- und Gebietsreformen mit einzubeziehen. Wir haben diese unsere Meinung der Bevölkerung unserer Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld durch die örtliche Presse zugänglich gemacht. Inzwischen haben sich 27 Einwohner spontan zustimmend geäußert und durch Unterschrift bestätigt. Es war von uns nicht beabsichtigt, einen großen Personenkreis gezielt anzusprechen und um Unterschriften zu bitten. Wir hegen die Hoffnung, dass dieses Schreiben, welches allen Fraktionen des Thüringer Landtages geschickt wurde, die Diskussion um die Verwaltungs- und Gebietsreform in Thüringen und besonders in unserer Region des Wartburgkreises, befruchten kann.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Leimbach Klaus Wulff
(Mitglied des Stadtrates) (Bürger der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld)
Diesem Schreiben an alle Fraktionen des Thüringer Landtages wurde der folgende Artikel von Rolf Leimbach und Klaus Wulff beigefügt (Baier Bote; Amtsblatt der Stadt Stadtlengsfeld; 10. Jahrgang; Freitag, den 28. September 2012; Nummer 9):
„Nennt uns nicht „Die Undemokraten"
Die Würfel scheinen gefallen zu sein: Stadtlengsfeld tritt der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach bei.
- Die Eigenständigkeit der Stadt (sie zu erhalten war der Wille des Stadtrates) wird mit dem Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach nun nicht mehr gewährleistet (eigener Stadtrat, eigener Haushalt, ...). Denn schon jetzt ist abzusehen, dass Verwaltungsgemeinschaften keinen Bestand haben. Sie werden als Auslaufmodell bezeichnet. In einem Koalitionspapier zwischen CDU und SPD vom Dezember 2011 wurde vereinbart, bestehende Verwaltungsgemeinschaften durch Beitritte nicht zu verstärken, wie der Presse zu entnehmen war. Wir befürchten daher, dass die jetzigen Gemeinden in der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach letztendlich in einer Einheitsgemeinde bzw. Thüringer Landgemeinde aufgehen werden.
- Dann ist zu befürchten, ob nicht bestimmte Einrichtungen in dieser Einheitsgemeinde, wenn sie doppelt bestehen, infrage gestellt werden. Das könnte die Schwimmbäder, die Grundschulen, die Bibliotheken und andere Einrichtungen
- Die Bürgerbefragung zum Beitritt zur VG Dermbach oder zur Bildung einer Einheitsgemeinde mit Dorndorf wurde unter dem Versprechen geführt, dass in Stadtlengsfeld Ämter bestehen bleiben bzw. dass ein Bürgerbüro eingerichtet wird, um den Einwohnern lange Wege zu ersparen. Gerade unter diesem Versprechen entschieden sich viele Bürger für den Beitritt zur VG Dermbach. Dieses Versprechen wird jetzt nicht mehr eingehalten. Das ist nach unserer Meinung Wählertä
- Eine Verwaltungs- oder Gebietsreform muss Vorteile für die Bürger bringen. Ansonsten ist sie abzulehnen. Für die Bürger der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld bringt die Auslagerung der Verwaltung nach Dermbach keinerlei Vorteile. Für nicht wenige ältere Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder geringen Kenntnissen und Fähigkeiten an modernen Kommunikationsmitteln erwachsen daraus nur Nachteile.
- Die Befürworter des Beitrittes zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach führen finanzielle Vorteile für die Stadt an. Das ist durch keine einzige Untersuchung belegt.
- Was ist die Alternative zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach? Wir sind der Meinung, dass sich diese Frage nur in der Gesamtsicht auf Verwaltungsstrukturen des gesamten Feldatales diskutieren und entscheiden lä Dabei müssen historische, geografische und wirtschaftliche Belange gleichermaßen einbezogen werden. Die Verwaltungseinheiten sollten eine vernünftige Größe haben: „So groß wie nötig, so klein wie möglich!" Gemeinde- oder Stadträte und Bürgermeister müssen ihre Bürger auch noch persönlich kennenlernen und die Probleme mit ihren Räten persönlich in Augenschein nehmen können. Wir favorisieren demnach eine Gliederung in „Unteres Feldatal" (von Dorndorf bis Weilar) mit dem Grundzentrum der Stadt Stadtlengsfeld, „Mittleres Feldatal" (bisherige VG Dermbach ohne Weilar) mit dem Grundzentrum Dermbach und „Oberes Feldatal" mit dem Grundzentrum der Stadt Kaltennordheim. Jedes dieses genannte Grundzentrum mit den umliegenden Gemeinden hat ganz eigene historische, geografische und wirtschaftliche Gemeinsamkeiten, mit denen sich die Einwohner identifizieren können. Einige dieser Gemeinsamkeiten sind über Jahrhunderte gewachsen. Die kann man nicht mit einer Verwaltungsreform ignorieren oder gar beseitigen. Wir sprechen mit dieser Schrift natürlich in erster Linie für unsere Stadt, meinen aber, dass mit der Verwaltungsreform, die sie nun betrifft, Probleme auftraten, die nur im Rahmen einer größeren Sicht gelöst werden können.
Wir wenden uns an alle Fraktionen des Thüringer Landtages mit dem Anliegen, unsere dargelegten Gedanken bei Beschlüssen zu Verwaltungs- und Gebietsreformen einzubeziehen. Wir wenden uns auch an alle Bürger unserer Einheitsgemeinde, sich an dieser Diskussion zu beteiligen.
Stadtlengsfeld, September 2012
Rolf Leimbach“
Der Eingang dieses Schreibens wurde nur von der SPD-Fraktion des Thüringer Landtages beantwortet.
Auf dem Kreisparteitag der CDU, der im Oktober stattfand, bezeichnete Christian Hirte die Eingemeindung von Stadtlengsfeld in die Verwaltungsgemeinschaft Dermbach als Beispiel für eine erfolgreiche CDU-Kommunalpolitik.
Mit Beschluss der Stadtratssitzung am 1. November 2012 sollte der Bürgermeister Ralf Adam ermächtigt werden, die Beitrittsvereinbarung mit der VG Dermbach zu unterzeichnen und beim Innenministerium in Erfurt den Antrag der Stadtlengsfelder Einheitsgemeinde auf Beitritt zur VG Dermbach zu stellen. Stadtrat Leimbach stellte den Antrag, darüber namentlich abzustimmen. Diesem Antrag wurde mit sieben Ja-Stimmen und fünf Stimmenthaltungen entsprochen. Bei der anschließenden Abstimmung zur Unterzeichnung der Beitrittsvereinbarung und dem Antrag an das Innenministerium votierten Mario Canis und Rolf Leimbach dagegen, der Bürgermeister enthielt sich, die anderen neun Stadträte stimmten dafür.[24]
Damit waren die letzten bürokratischen Probleme zum Beitritt von Stadtlengsfeld zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach aus dem Weg geräumt.
2013
Auf Antrag der Ministerpräsidentin des Freistaates Thüringen wird am 2. Juni 2013 der Gesetzentwurf „Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2013“ zur Beratung in den Landtag eingebracht. Dort heißt es im § 15:
„Stadt Stadtlengsfeld und Verwaltungsgemeinschaft „Dermbach“ (Wartburgkreis)
Die Verwaltungsgemeinschaft „Dermbach“ wird um die Stadt Stadtlengsfeld erweitert.“
Dieses Gesetz tritt am 31. Dezember 2013 in Kraft.
Rolf Leimbach bringt an die Kommunalaufsicht des Wartburgkreises dazu eine Stellungnahme ein:
„Rolf Leimbach
Eisenacher Straße 18
36457 Stadtlengsfeld
Landratsamt Wartburgkreis
Kommunalaufsicht
Erzberger Allee 14
36433 Bad Salzungen
Stellungnahme
Gesetzentwurf der Landesregierung
Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2013-09-02 Drucksache 5/6299
03.07.2013
Der Stadtrat der Stadt Stadtlengsfeld und die Bürger der Einheitsgemeinde haben sich mehrheitlich für einen Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach entschieden.
Ein wichtiges Kriterium dieser Abstimmung und Befragung war, auch zukünftig die Eigenständigkeit der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld zu wahren. Das wurde von den Befürwortern des Beitritts zur Verwaltungsgemeinschaft immer wieder betont.
Die Diskussion um die Gebiets- und Verwaltungsreformen in Thüringen hatte aber inzwischen dazu geführt, dass Verwaltungsgemeinschaften ein Auslaufmodell sind. Thüringer Landgemeinden und Einheitsgemeinden werden zukünftig favorisiert. Deshalb wurde im Stadtrat der Beschluss gefasst, Sondierungsgespräche in beiden Richtungen zu führen:
- Bildung einer Einheitsgemeinde bzw. Landgemeinde mit der Gemeinde Dorndorf im unteren Feldatal
und
- Beitritt der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach.
Ziel der Bildung einer Einheitsgemeinde im unteren Feldatal mit Dorndorf war es, im gesamten Feldatal überschaubare Strukturen zu schaffen mit den Verwaltungszentren Stadtlengsfeld, Dermbach und Kaltennordheim. Eine Vergrößerung der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach durch den Beitritt der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld schafft eine zu große und kaum noch zu durchschauende Verwaltung. Außerdem ist zu befürchten, dass die Verwaltungsgemeinschaften in nicht allzu ferner Zeit in Einheitsgemeinden bzw. Thüringer Landgemeinden überführt werden. Damit ist die Eigenständigkeit der Stadt Stadtlengsfeld nicht mehr gegeben, welche eine Voraussetzung des Beitrittes zur Verwaltungsgemeinschaft war.
Im Gesetzentwurf des Thüringer Landtages (Drucksache 5/6299 vom 03.07.2013) werden als Gründe für einen Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach historisch enge Beziehung der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld zu Dermbach aufgeführt. Die Stadt Lengsfeld gehörte im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach zum Verwaltungsbezirk IV mit Sitz in Dermbach. Dabei wird aber verschwiegen, dass in der Stadt Lengsfeld wichtige Ämter des Verwaltungsbezirkes ihren Sitz hatten, wie z.B. das Amtsgericht.
Im Gesetzentwurf wird zu den historischen Beziehungen zwischen Dermbach und Stadtlengsfeld auch erwähnt, dass Stadtlengsfeld vor 1990 Mitglied im Gemeindeverband Dermbach gewesen war. Es wird verschwiegen, dass dieser Gemeindeverband Dermbach sich nicht bewährt hatte. Er existierte der Form nur kurze Zeit. Der Gemeindeverband hatte in der Bevölkerung keinen Rückhalt. Ämter wurden nicht nach Dermbach ausgelagert. Die Einwohner von Stadtlengsfeld konnten ihre Anliegen nach wie vor auf dem Rathaus der Stadt erledigen. Somit ignoriert der vorliegende Gesetzentwurf historische Erfahrungen.
Zu den infrastrukturellen Bedingungen der Stadt Stadtlengsfeld wird im Gesetzentwurf verschwiegen, dass hier zwei allgemeinmedizinische Praxen, ein Optiker, zwei Zahnärzte eine Physiotherapie und eine Apotheke existieren. Die Stadt verfügt über ein Schwimmbad, eine Bibliothek und ein historisches Archiv.
In der Gesetzesvorlage ist nicht aufgeführt, dass der Einzugsbereich der Regelschule in Stadtlengsfeld auch Dorndorf einschließt.
Für mich ist nicht ersichtlich, dass der Beitritt der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach zwingend erforderlich ist. Für die Stadt ergeben sich mit dem Beitritt keine weiteren Möglichkeiten der Stärkung der Leistungs- und Verwaltungskraft. Im Gesetzesentwurf ist nicht nachgewiesen, dass Einsparungen im Haushalt der Einheitsgemeinde die Folge sind. Es muss im Gegenteil befürchtet werden, dass die Kosten für den Verwaltungsaufwand noch steigen werden, da alle Angestellten übernommen werden und sich die Verwaltungsumlage erhöhen wird.
Nach der Umgestaltung der Verwaltungsgemeinschaft in eine Thüringer Landgemeinde oder Einheitsgemeinde werden viele Einrichtungen, die dann doppelt existieren, geschlossen (Schwimmbad, Schulen, Bibliothek). Damit verschlechtert sich die Lebensqualität für die Einwohner der Stadt weiter.
Der Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Dermbach schwächt auf längere Sicht die Entwicklung von Stadtlengsfeld.
Als Konsequenz aus diesen Bedenken halte ich die Bildung einer Einheitsgemeinde mit den Gemeinden Dorndorf, Stadtlengsfeld, Gehaus und Weilar im unteren Feldatal für vernünftiger. Das mittlere Feldatal umfasst als Einheits- oder Landgemeinde die jetzige Verwaltungsgemeinschaft Dermbach (ohne Weilar). Im oberen Feldatal wird aus der Verwaltungsgemeinschaft „Oberes Feldatal“ die Gemeinde „Kaltennordheim“.
Solche Verwaltungseinheiten sind bürgernah, weil überschaubar. Sie tragen den historischen Gegebenheiten besser Rechnung und berücksichtigen auch die landschaftlichen Eigenheiten.
Stadtlengsfeld, den 02.09.2013
Rolf Leimbach“
In der Stadtratssitzung am 28. November 2013 informiert der Bürgermeister über den Stand des Beitrittes der Stadt zur Verwaltungsgemeinschaft. Danach muss die Stadt der Verwaltungsgemeinschaft den Mieteigentumsanteil am Verwaltungsgebäude in Höhe von 140.000 € bezahlen. Es müsse noch geklärt werden, ob die Stadt diesen Betrag einmalig oder in Raten begleicht. Des Weiteren kommen noch Kosten des Umzuges der Verwaltung vom Stadtlengsfelder Rathaus in das Verwaltungsgebäude nach Dermbach auf die Stadt zu. Diese werden zur Hälfte von der Stadt und der VG bezahlt. Die Höhe steht noch nicht fest.[25]
2014
Dermbachs Bürgermeister und stellvertretender Vorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach spricht sich im Freien Wort vom 21. Januar 2014 dafür aus darüber nachzudenken, die VG zukünftig in eine Einheitsgemeinde umzuwandeln.
Die VG Dermbach wendet sich in einem offenen Brief am 8. April 2014 an die Mitglieder des Stadtrates der Stadt Stadtlengsfeld:
„Sehr geehrte Damen und Herren Stadtratsmitglieder,
die Gemeinschaftsversammlungsmitglieder haben in ihrer Sitzung am 13.03.2014 über die Finanzierung zur Beteiligung von Stadtlengsfeld am unbeweglichen Vermögen der VG Dermbach beraten. Der Bürgermeister der Gemeinde Wiesenthal; Herr Sven Hollenbach, hat in dieser Sitzung einen Vorschlag zur möglichen Finanzierung eingebracht und die Versammlungsteilnehmer haben daraufhin mehrheitlich durch Handaufheben erklärt, dass dieser Vorschlag als akzeptabler Kompromiss von allen beteiligten Kommunen angenommen werden könnte. Der Vorschlag lautete: Die Stadt Stadtlengsfeld möge jährlich den Betrag von 15 Tausend Euro, beginnend ab dem Jahr 2014, für die Beteiligung am Vermögen der VG Dermbach entrichten. Die Vertreter von Stadtlengsfeld wurden gebeten und haben dahingehend auch zugesagt, diesen Vorschlag als Diskussionsgrundlage in den Stadtrat einzubringen und dort behandeln zu lassen. Der Haupt- und Finanzausschuss von Stadtlengsfeld hat in seiner Sitzung am 20.03.2014 über den Vorschlag beraten und ist mehrheitlich zu dem Entschluss gekommen, dem Stadtrat die Annahme des Finanzierungsvorschlags aus der Gemeinschaftsversammlung nicht zu empfehlen. Am Dienstag, d. 01.04.2014 haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe zur Erweiterung der VG Dermbach getagt. Die Versammlungsteilnehmer haben sich dahingehend verständigt, dass die Stadt Stadtlengsfeld innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren, beginnend ab dem Jahr 2014, die Finanzierung zur Vermögensbeteiligung realisieren und dahingehend in der Stadtratssitzung am 17.04.2014 befinden soll. Um den Stadtratsmitgliedern von Stadtlengsfeld die Angemessenheit des Vorschlags zu verdeutlichen, soll auf nachfolgend genannte Tatsachen hinweisen werden:
- Die Mitgliedsgemeinden der VG Dermbach haben in den vergangenen Jahren für den Kauf, die Instandsetzung und den Erhalt des Verwaltungsgebäudes und der Grundstücke der VG Dermbach beträchtliche Summen aufgebracht und dafür eigene Investitionen in ihren Gemeinden zurückgestellt.
Durch diesen Umstand war es möglich, die Verwaltung von Stadtlengsfeld aufzunehmen ohne dass zusätzliche Räume und Frei-(Park)-flächen angemietet werden mussten.
- Der Umlagesatz für die Mitgliedsgemeinden der VG Dermbach soll in diesem Jahr 100,- € / je Einwohner betragen. Dies ist nur möglich, weil die Mitgliedsgemeinden der VG Dermbach vor dem Beitritt der Stadt Stadtlengsfeld eine komfortable Rücklage gebildet haben und somit von ihrem „Sparbuch“ die entsprechenden Beträge zur Deckung von notwendigen Ausgaben entnehmen können“.
Zum Vergleich sei hier in Erinnerung zu rufen, dass andere Verwaltungsgemeinschaften von ihren Mitgliedsgemeinden Umlagesätze von bis zu 150,- € / pro Einwohner verlangen bzw. vor der Aufnahme einer weiteren Gemeinde entsprechende Beträge aus ihrer Rücklage entnommen und diese auf den Mindestsatz „heruntergefahren“ haben. Dadurch, dass eine derartige Vorgehensweise von den Mitgliedsgemeinden der VG Dermbach nicht praktiziert wurde - und ohne an der bisherigen Rücklagenbildung beteiligt gewesen zu sein - profitiert nunmehr auch die Stadt Stadtlengsfeld vom niedrigen Umlagesatz.
- In Vorbereitung der Aufnahme der Verwaltung von Stadtlengsfeld wurden durch die VG umfangreiche bauliche und technische Veränderungen vorgenommen.
So sind u. a. Elektroinstallations-, Trockenbau-, Maler-, Tischler-, Fußboden- Sanitärinstallations- und Telekommunikationsarbeiten in einem Wertumfang von ca. 18 Tausend Euro realisiert und aus Haushaltsresten des Jahres 2013 bezahlt worden.
- Um für die Erledigung der Verwaltungsaufgaben von Stadtlengsfeld die Nutzung der Softwareprogramme zu ermöglichen, mussten von der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden.
Für die Finanzierung der notwendigen Maßnahmen ist die VG in Vorkasse gegangen und hat somit für die schnellstmögliche Arbeitsfähigkeit der gemeinsamen Verwaltung Sorge getragen.
- Angenehm dürfte sich für die Besucher aus Stadtlengsfeld und gleichfalls für die Mitarbeiter der Umstand darstellen, dass sie vor dem Verwaltungsgebäude entsprechend hergerichtete Parkflächen vorfinden. Die einstige Herstellung der Parkflächen und die damit verbundenen Kosten sollten bei der Betrachtung der Entscheidungsträger von Stadtlengsfeld hinsichtlich der Vorleistungen der VG Dermbach und ihrer Gemeinden gleichfalls Berücksichtigung finden.
- Die von Stadtlengsfeld (im Zuge der Erweiterung der VG) bereitzustellende EDV- Technik war nicht mehr verwendungsfähig und somit war die VG Dermbach gezwungen neue Technik zu beschaffen und den bestehenden EDV - Mietvertrag entsprechend zu erweitern. Zwei mitgebrachte Rechner, die zwar noch brauchbar - aber nicht netzwerktauglich waren, wurden nach der Überspielung von Datensätzen auf Wunsch des Bürgermeisters an Stadtlengsfeld zur weiteren Verwendung wieder zurückgegeben.
Das eingebrachte Olivetti- Multifunktionsgerät (Drucker, Scanner, Kopierer) aus dem Jahr 2007 ist nur als Kopierer nutzbar. Die Anschaffung eines Zusatzmoduls für eine Verwendung als Netzwerkdrucker ist aufgrund seines Alters nicht mehr möglich. Somit ist zu konstatieren, dass dem Buchstaben nach die Vereinbarung zur Erweiterung der VG Dermbach zwar erfüllt wurde, jedoch von einem Übergang der als hochwertig propagierten Technik real nicht gesprochen werden kann. Unter dem Gesichtspunkt der zügigen Umsetzung des Neugliederungsgesetzes wurde durch die Anstrengungen der VG Dermbach und ihrer Gemeinden viel bewegt und auf den Weg gebracht. Unter den Gesichtspunkten der erbrachten Vorleistungen der VG Dermbach und der Tatsache, dass die Stadt Stadtlengsfeld und ihre Bürger - beginnend mit dem Jahr 2014 - das Gebäude und die Grundstücke der VG Dermbach in Anspruch nehmen können, halten wir es für geboten und auch für legitim, dass die Vorschläge aus der Gemeinschaftsversammlung und aus der Arbeitsgruppe vom Stadtlengsfelder Stadtrat ernsthaft zu prüfen sind und vom einseitig gefassten Beschluss (10 T. € ab 2015) nunmehr Abstand genommen wird. Der Stadtrat von Stadtlengsfeld sollte einerseits die zu verzeichnenden Ausgabenersparnisse in seine Überlegungen einfließen lassen und gleichfalls den Umstand bedenken, dass Stadtlengsfeld eine zusätzliche Finanzzuweisung in Höhe von ca. 63 Tausend € vereinnahmen konnte. Ebenso wäre von den Stadträten die Frage aufzuwerfen welche Kosten bislang von der Stadt Stadtlengsfeld in Folge ihres Beitritts zur VG Dermbach getragen wurden. Die Vertreter der Gemeinschaftsversammlung, der Arbeitsgruppe und der Mitglieds-gemeinden erwarten von der Stadtratssitzung am 17.04.2014 positive Signale hinsichtlich der Erarbeitung einer beschlussfähigen Vereinbarung zur Beteiligung der Stadt Stadtlengsfeld an den Vermögenswerten der VG Dermbach.
i.A.
Gorecki
Gemeinschaftsvorsitzender“
2016
Am 10. November 2016 fasst der Stadtrat einen Beschluss zur Gemeindeneustruktuierung durch freiwillige Auflösung und freiwilligen Zusammenschluss: „Der Stadtrat beschließt, dass eine Gemeindeneustruktuierung durch freiwillige Auflösung der Stadt Stadtlengsfeld und den freiwilligen Zusammenschluss mit den anderen beteiligten Gemeinden erfolgen soll. Entscheidungen hinsichtlich des Zusammenschlusses zu einer Einheits- bzw. Thüringer Landgemeinde und zur Namensgebung werden erst nach weiteren Beratungen in der Arbeitsgruppe und einer dahin gehenden Verständigung mit den anderen beteiligten Gemeinden getroffen.“[26]
2017
In der öffentlichen Sitzung des Stadtrates wird unter dem Tagesordnungspunkt 3 über die Gemeindegebietsreform informiert und beraten.[27] Herr Hugk, Bürgermeister von Dermbach, teilt mit, dass seit längerer Zeit Gespräche zwischen den Gemeinden stattfinden. Bisher wäre eine Tendenz zur Einheitsgemeinde stattfinden. Dahingehend wäre auch auf der letzten Sitzung am 06,04.2017 diskutiert. Herr Hugk hat bereits einen Entwurf erarbeitet und wird diesen Entwurf im Lauf der Woche an alle Stadträte per E-Mail weiterleiten. Ziel für ihn ist es, diese Verträge bis Ende August entsprechend fertigzustellen, damit die Beschlüsse dann dazu im September gefasst werden können, um in der Freiwilligkeitsphase bis zum 31.10.2017 die Anträge, Verträge und Beschlüsse einreichen zu können. Dieser Zusammenschluss könnte dann voraussichtlich zum 01.01.2019 greifen. Wer die Freiwilligkeitsphase nicht nutzt, wird dann ab Dezember 2018 zu entsprechenden Gemeinden/Kommunen zugeschlagen.
Stadtrat Thimet fragt, ob es bereits feststeht, dass wir so handeln müssen.
Herr Hugk teilt mit, dass das Vorschaltgesetz feststeht und es ab 2019 keine Verwaltungsgemeinschaft mehr gibt.[28] Risiken gäbe es immer. Aber die Vorbereitungen sollten seiner Meinung nach trotzdem getroffen werden und die Bedingungen sind bereits weitestgehend so, als wäre Stadtlengsfeld bereits eingegliedert.
Stadtrat Nitsche rät, die Selbstständigkeit der Stadt Stadtlengsfeld so lange wie möglich aufrecht zu erhalten und macht den Vorschlag, die Verhandlungen zum Vorschaltgesetz im Juni noch abzuwarten und danach zu handeln.
Stadtrat Ahnemüller ist der Meinung, dass man nicht erst warten soll bis evtl. eine Konsolidierung nötig ist. Er ist der Meinung, das Vorhaben zügig voran zu treiben. Dieser Meinung ist auch Stadtrat Schlegel. Herr Hugk mahnt, dass man diesem Zusammenschluss im Feldatal als Chance für die Bürger sehen sollte.
2018
Am 26. Februar rief der Stadtrat zu einer Einwohnerversammlung in die Feldatalhalle. Zu dieser hatte sich der Haupt- und Finanzausschuss eine Woche zuvor entschlossen. Es ging nicht mehr und weniger um die Eingemeindung der Stadt Stadtlengsfeld in die Gemeinde Dermbach, eine Schicksalsentscheidung, die es in der über 800jährigen Stadtgeschichte noch nie gegeben hat. Doch nur ein knappes Dutzend Einwohner waren als Gäste erschienen. „Die Einladung erschien manchem etwas zu kurz“, musste selbst der Bürgermeister Pempel einräumen. Den meisten Einwohnern aber war überhaupt nicht bewusst, was zur Entscheidung anstand. Selbst aus dem öffentlichen Aushang lässt sich nur für Eingeweihte erkennen, dass es hier um die Auflösung der Einheitsgemeinde Stadtlengsfeld und die Eingliederung in die Gemeinde Dermbach geht. Es ist zu fragen, ob diese nebulöse Formulierung beabsichtigt war.
So besteht bis heute bei den meisten Einwohnern die Meinung, sie seien nie über die Eingemeindung der Stadt Stadtlengsfeld in die Gemeinde Dermbach informiert worden. Das stimmt so nicht. Diese Einwohnerversammlung am 26. März war das demokratische Feigenblatt, welches die Umwandlung der Stadt in einen Ortsteil legitimieren sollte. Laut Eingliederungsvertrag war es Voraussetzung, dass die Einwohner der Stadt über diesen Schritt „informiert und ihre Meinung gehört wurde“ (siehe Präambel des Vertrages über die Eingliederung, Absatz 2). Dieser Voraussetzung wurde mit dieser Einwohnerversammlung aber nicht entsprochen. Der ehemalige Stadtrat Leimbach äußerte, dass er sich gewünscht hätte, dass der Vertragsentwurf zur Eingemeindung den Bürgern vorher zugänglich gemacht worden wäre. Er fragte: „Warum werden die Einwohner erst zwei Tage vor der Abstimmung informiert, hat man Angst vor ihrer Reaktion?“ Diese Informationspolitik ist nach seiner Meinung katastrophal. So wurde bereits Ende des Jahres 2017 ein Vertragsentwurf an alle Stadträte gesandt. Aber die Einwohner wurden über diesen Vertragsentwurf nicht informiert. Nach über 800 Jahren verliert Stadtlengsfeld seine Eigenständigkeit. Das ist für ihn absolut nicht hinnehmbar. Er würde sich für die folgende Beschlussfassung eine namentliche Abstimmung wünschen, damit für die nachfolgenden Generationen stets nachvollziehbar bleibt, wer zum Zusammenschluss mit der Gemeinde Dermbach beigetragen hat.
Die ehemalige Stadträtin Ilona Steffen erinnerte an die Zeit als Stadtlengsfeld der VG Dermbach beitrat: „Damals wurde so viel versprochen, was in Stadtlengsfeld bleiben sollte. Und was ist davon noch da?“
Der ehemalige Stadtrat Manfred Wolfram erinnerte an die eindringlichen Warnungen vor mehreren Jahren durch den inzwischen verstorbenen Ehrenbürger Dr. Werner Krug, die Eigenständigkeit aufzugeben. Auch mehrere Bürgermeister aus der Region hätten damals der Stadt Stadtlengsfeld ein Festhalten an der Eigenständigkeit empfohlen.
Eine Bürgerin bemängelte, dass es in der Argumentation um die Eigenständigkeit der Stadt immer nur das Geld im Vordergrund steht. Die Nachteile für unsere sehr lange bestehende Stadt gehen dabei unter.
Der Leiter der Kommunalaufsicht des Wartburgkreises, Steffen Liebendörfer, empfahl den „Fusionskritikern“ (Originalton) die noch bestehende Freiwilligkeitsphase zu nutzen und sich die Vorteile zu sichern, statt sich später zwangseingemeinden zu lassen. (Hier ist zu fragen, ob es einem Leiter der Kommunalaufsicht zusteht, in einer Informationsveranstaltung Empfehlungen zu geben, zumal er darum nicht gebeten wurde.).
Bürgermeister Jürgen Pempel argumentierte, dass man die Fusionsprämie von 200 Euro pro Einwohner gut gebrauchen kann, um all die Vorhaben in Stadtlengsfeld noch umzusetzen. Voraussetzung aber sei, die Freiwilligkeitsphase zu nutzen.
Dermbachs Bürgermeister Thomas Hugk betonte, auf dem Ortsschild stehe auch weiterhin groß „Stadtlengsfeld“ und klein darunter „Gemeinde Dermbach“. Die Vertragsentwürfe lägen seit Oktober vor und sind Anfang Dezember an alle Bürgermeister verschickt worden, damit diese in den Gremien darüber sprechen. „Das, was die Stadt plant oder schon in Arbeit ist, wollen wir nicht abwürgen, sondern haben es mit aufgenommen, natürlich unter dem Vorbehalt der finanziellen Machbarkeit.“
Der Erste Beigeordnete Torsten Ahnemüller erklärte: „Umstruktuierung muss man machen, wenn es einem gut geht, nicht, wenn es schlecht läuft.“ Er rechnet damit, dass Stadtlengsfeld, sollte es eigenständig bleiben, in drei bis fünf Jahren in die Konsolidierung rutscht. „Dann müssen alle freiwilligen Aufgaben gestrichen werden: Vereinsförderung, Schwimmbad, Bibliothek …“ Der Gehauser Ortsteilrat hatte sich dieser Tage für die Fusion mit Dermbach ausgesprochen, will jedoch künftig eigenständiger Ortsteil sein. Sollten Weilar und Oechsen bei ihrem „Nein“ zur Einheitsgemeinde bleiben, wird es für Stadtlengsfeld aufgrund fehlender gemeinsamer Gemarkungsgrenzen schwierig, und einen Plan B gebe es nicht, verlautete am Montag.
Am 28. März 2018 tagte der Stadtrat in Gehaus. Auf der Tagesordnung stand der „Beschluss zur Auflösung der Stadt Stadtlengsfeld sowie zu ihrer Eingliederung in die Gemeinde Dermbach“. Bürgermeister Pempel erklärte, dass die Gemeinden Oechsen, Weilar und Wiesenthal noch keinen Beschluss zur Fusion mit der Gemeinde Dermbach gefasst haben. So grenzen die Gemarkungen von Stadtlengsfeld und Gehaus an keine Gemeinde, die sich bislang zur Fusion mit Dermbach bekannt haben.
Steffen Liebendörfer, Leiter der Kommunalaufsicht des Wartburgkreises, hatte den Stadtlengsfeldern dennoch empfohlen, den Eingliederungsbeschluss zu fassen.
Torsten Ahnemüller erklärte, dass im Fusionsvertrag nicht konkret der der Erhalt von Bibliothek und Schwimmbad in Stadtlengsfeld aufgeführt sei, aber der Punkt, gemeinsame Anstrengungen zur Sicherung der Gemeinden im wirtschaftlichen und sozialen Sinne zu unternehmen sowie die touristische Entwicklung weiter voranzutreiben. Für ihn habe sich der Weg in die größere Gemeinde doch schon 2011 abgezeichnet, als Stadtlengsfeld in die VG Dermbach eintrat.
Andre Gebauer befürchtet, dass nach der Fusion niemand mehr da sein wird, der sich für die Stadtlengsfelder Ortsteile einsetzt und deshalb für diese nur wenig übrigbleibt. „Das ist für mich ein ganz trauriger Tag. Ich komme mir vor wie ein Schwein, das zum Schlachten geführt wird.“
Stadtrat Mario Canis kritisierte, dass die Einwohnerversammlung sehr kurzfristig vor der Stadtratssitzung terminiert war: „Ich habe als Stadtlengsfelder persönlich ein Problem damit, wenn ich mich dem Dorf Dermbach angliedern soll. Das, was hier steht, dem kann ich nicht zustimmen.“
Uwe Nitsche bemängelte, dass Stadtlengsfeld in die Fusion nicht das Stadtrecht als „Brautgeschenk“ einbringt. Aus diesem Grund kann er dem Vertrag nicht zustimmen.
Mit neu Ja-Stimmen, bei vier Gegenstimmen, fasste der Stadtrat den Fusionsbeschluss. Dem Vertragsentwurf stimmten acht Stadtratsmitglieder zu, fünf waren dagegen.
Anlage zum Beschluss Nr. 18/03/03 vom 14.03.2018 des Gemeinderates Dermbach
Zum Beschluss Nr. VII/02/18 vom 28.02.2018 des Stadtrates Stadtlengsfeld
VERTRAG ÜBER DIE EINGLIEDERUNG
zwischen
der Stadt Stadtlengsfeld, vertreten durch den Bürgermeister, Jürgen Pempel
und
der Gemeinde Dermbach, vertreten durch den Bürgermeister Thomas Hugk
Präambel
Der Gemeinderat der Stadt Stadtlengsfeld hat in seiner Sitzung am 28.02.2018 mit Beschluss Nr. VII/02/18, ebenso der Gemeinderat der Gemeinde Dermbach in seiner Sitzung am 14.03.2018 mit Beschluss Nr. 18/03/03 zugestimmt, dass die Stadt Stadtlengsfeld der Gemeinde Dermbach beitritt.
Die Einwohner der Stadt Stadtlengsfeld und Dermbach wurden vor der Beschlussfassung der Gemeinderäte zu dieser informiert und ihre Meinung gehört.
Die Bestimmungen dieses Vertrages sollen dem Zusammenwachsen und der guten Entwicklung der Orte dienen. Die erfolgreiche Entwicklung aller Ortsteile setzt voraus., dass diese mit- und nicht gegeneinander arbeiten. Daraus ergeben sich folgende Leitgedanken:
Die künftige Einheitsgemeinde und ihre Organe müssen dem gemeinsamen Wohl und der gemeinsamen Entwicklung Vorrang einräumen vor den Einzelinteressen der Ortsteile.
Konkrete Einzelbestimmungen des Vertrages sind in ihrer Umsetzung auf ihre Förderlichkeit für eine gemeinsame, positive Entwicklung hin zu prüfen.
Die Kompetenzzuordnung zwischen Gemeinde und Ortsteilen sowie die Umsetzung der Prioritätenliste sollen dabei der Verwirklichung dieser Leitmotive dienen. Daraus ergeben sich die folgenden vorrangigen Ziele der gemeinsamen Entwicklung:
- Gemeinsame Anstrengung zur Sicherung und Verbesserung der gemeindlichen Infrastruktur, im wirtschaftlichen wie im sozialen Bereich.
- Die Steigerung der Wohnattraktivität und damit der Stabilisierung der Bevölkerungszahl im gesamten Gemeindegebiet.
- Die Erschließung neuer Einnahmequellen jenseits öffentlicher Abgaben und dabei insbesondere die gemeinsame Weiterentwicklung des Tourismus und die Förderung der gemeinsamen wirtschaftlichen Entwicklung zur Schaffung von Arbeitsplätzen.
- Die Schaffung einer dauerhaft leistungsfähigen Kommune,
die eine effiziente Verwaltung gewährleisten kann und zugleich Identifikations- und Heimatraum für die Bürger ist.
In Durchführung der übereinstimmenden Beschlüsse ihrer Gemeinderäte und zur Regelung von hieraus entstehenden Rechts- und Verwaltungsfragen schließen die beteiligten Gemeinden folgenden Vertrag:
§ 1
Eingliederung
- Mit Inkrafttreten des durch den Thüringer Landtag zu beschließendem Gesetz wird die Stadt Stadtlengsfeld mit ihren Ortsteilen Gehaus, Hohenwart und Menzengraben aufgelöst. Das Gebiet der aufgelösten Stadt wird in das Gebiet der Gemeinde Dermbach eingegliedert.
- Die Nutzung der Finanzhilfen erfolgt auf der Basis der diesem Vertrag als Anlage 1 beigefügten Vereinbarung über die Verwendung der Finanzhilfen.
§ 2
Ortsteile, Ortsteilnamen
- Ortsteile der Gemeinde Dermbach sind nach Vollzug der Eingliederung:
- Stadtlengsfeld
- Gehaus
- Hohenwart
- Menzengraben
- Jeder Ortsteil nach Absatz 1 führt seinen bisherigen Namen in Verbindung mit dem Namen der Gemeinde Dermbach als Ortsteilnamen weiter. Der Ortsteilname ist, soweit rechtlich zulässig und geboten, im amtlichen Sprach- und Schriftverkehr weiter zu verwenden.
- Dabei wird für die nach Abs. 1 gebildeten a) Stadtlengsfeld mit Menzengraben sowie b) Gehaus mit Hohenwart gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 ThürKO jeweils separat eine gemeinsame Ortsteilverfassung eingeführt.
§ 3
Einführung einer Ortsteilverfassung
- Mit dem Wirksamwerden der Eingliederung wird gemäß § 45 Abs. 8 ThürKO für das Gebiet der aufgelösten Gemeinde für den Rest der gesetzlichen Amtszeit des Gemeinderates die Ortsteilverfassung eingeführt.
- Der bisherige Bürgermeister der aufgelösten Gemeinde ist für die Dauer der laufenden gesetzlichen Amtszeit des Gemeinderates unter Berufung in das Beamtenverhältnis als Ehrenbeamter zum Ortsteilbürgermeister zu ernennen. Die bisherigen Gemeinderatsmitglieder sind die weiteren Mitglieder des Ortsteilrates bis zur Neuwahl der Ortsteilräte.
- Die Rechte des Ortsteilrates ergeben sich aus § 45 ThürKO sowie § 3a.
- Die Gemeinde Dermbach stellt den Ortsteilen gemäß § 45 Abs. 6 ThürKO die finanziellen Mittel zur Erfüllung seiner/ihrer Aufgaben nach § 45 ThürKO in angemessenem Umfang zur Verfügung.
§ 3a
Zuständigkeiten der Ortsteilräte
- Die Ortsteilräte beraten über die Angelegenheiten der Ortsteile, für die eine gemeinsame Ortsteilfassung eingeführt wurde. Sie geben Empfehlungen und Vorschläge ab, die innerhalb einer Frist von drei Monaten von dem für die Entscheidung zuständigen Organ der Gemeinde Dermbach behandelt werden müssen.
- Die Ortsteilräte der Ortsteile Stadtlengsfeld und Gehaus entscheiden über folgende Angelegenheiten ihrer Ortsteile:
- Verwendung der dem Ortsteil für kulturelle, sportliche und soziale Zwecke zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel
- Pflege des Brauchtums und der kulturellen Tradition, Förderung und Entwicklung des kulturellen Lebens, Unterstützung der Vereine, insbesondere der Ortsteilfeuerwehr
- Benennung der im Gebiet des Ortsteils dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, Wege, Plätze und Brücken sowie der öffentlichen Einrichtungen; besteht bei vorhandenen Doppelbenennungen Verwechslungsgefahr entscheidet der Gemeinderat der Gemeinde Dermbach
- Festlegung der Reihenfolge der Arbeiten zum Um- und Ausbau sowie zur Unterhaltung und Instandsetzung von Straßen, Wegen und Plätzen einschließlich der Beleuchtungsanlagen, der Parkanlagen und Grünflächen
- Teilnahme an Wettbewerben zur Dorfentwicklung und Dorfverschönerung
- Pflege von Partner- und Patenschaften
- Information Dokumentation und Repräsentation der Ortsteilangelegenheiten
- Benutzung der öffentlichen Kinderspielplätze, Sporteinrichtungen, Büchereien, Dorfgemeinschaftshäuser, Heimatmuseen und Einrichtungen des Bestattungswesens
- Die Ortsteilräte der Ortsteile Stadtlengsfeld und Gehaus unterbreiten Vorschläge und geben Stellungnahmen an zu:
- Der Auflösung des Ortsteils, der Einteilung der Stadt in Ortsteile, deren Benennung, sowie der Änderung der Einteilung und der Benennung, jeweils soweit der Ortsteil betroffen ist
- Der Änderung des Namens des Ortsteils oder der zu dem Ortsteil gehörenden abgegrenzten Siedlungsgebiete
- Dem Erlass, der Änderung oder Aufhebung einer den Ortsteil betreffenden Gestaltungssatzung
- Dem Erlass, der Änderung oder Aufhebung eines des Ortsteils betreffenden Bebauungsplanes
- Der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens zu Bauvorhaben im Gebiet des Ortsteils
- Beabsichtigte Veranstaltungen und Märkten in dem Ortsteil
- Dem Abschluss neuer Partner- und Patenschaften der Stadt
- Der Ausstattung der öffentlichen Kinderspielplätze, Sporteinrichtungen, Büchereien, Dorfgemeinschaftshäuser, Heimatmuseen und Einrichtungen des Bestattungswesens
§ 4
Rechtsnachfolge, Ortsrecht
- Die Gemeinde Dermbach wird zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Eingliederung Gesamtrechtsnachfolgerin der aufgelösten Stadt Stadtlengsfeld. Sie tritt in alle Rechte und Pflichten der Stadt Stadtlengsfeld ein.
- Das Ortsrecht der aufgelösten Stadt Stadtlengsfeld soll, soweit es nicht durch die Eingliederung gegenstandslos wird, nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften und der Bestimmung dieses Vertrags als Ortsrecht der Gemeinde Dermbach im bisherigen Geltungsbereich fortgelten. Die Anpassung des Ortsrechts an das Recht der Gemeinde Dermbach erfolgt entsprechend der gesetzlichen Vorgaben.
- Die Gemeinde Dermbach tritt entsprechend der Bestimmungen des Thüringer Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (ThürKGG) in der jeweils geltenden Fassung als Rechtsnachfolgerin in die Zweckverbände und Zweckvereinbarungen ein, denen die aufgelöste Stadt angehörte.
- Die rechtsverbindlichen Bebauungspläne der Stadt Stadtlengsfeld bleiben vorbehaltlich anderer Festsetzungen in Kraft. Im Übrigen werden die Flächennutzungspläne und Bebauungspläne der bisherigen Gemeinde im Rahmen der Gesamtbauleitplanung von der erweiterten Gemeinde Dermbach weitergeführt und fortentwickelt.
- Die gültigen Straßenausbausatzungen der ehemals selbstständigen Kommunen gelten weiter. Die ursprünglichen Geltungsbereiche bilden jeweils eine Abrechnungseinheit. Die Privilegierung im Bereich der Straßenausbausatzungen soll fortbestehen.
§ 5
Haushaltsführung
Die Gemeinde Dermbach führt bis zum Erlass einer zusammengefassten Haushaltssatzung auf dem Gebiet der aufgelösten Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft nach der Haushaltssatzung der bisherigen Kommune fort. Die aufzulösende Stadt wird Neuverschuldungen nur zur Fortführung bereits begonnener Maßnahmen und in Abstimmung mit der Gemeinde Dermbach vornehmen.
§ 6
Steuern
Die bisherigen Hebesätze für die Realsteuern (Gewerbesteuern, Grundsteuer A und B) der Gemeinde Dermbach und der Stadt Stadtlengsfeld sind in dem der Eingliederung folgenden Kalenderjahr zu vereinheitlichen.
§ 7
Übernahme von Bediensteten
- Die Rechtsstellung der Beamten und Versorgungsempfänger und deren Übernahme richtet sich nach den Vorschriften der §§ 14 bis 18 und 29 des Thüringer Beamtengesetzes (ThürBG) vom 12. August 2014 (GVBI. S. 472), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Juli 2016 (GVBI. S. 229).
- Zum Zeitpunkt des In-Kraft_Tretens des Gesetzes zur Bestandsänderung tritt die Gemeinde Dermbach in die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsrechtsverhältnissen ein. Darin eingeschlossen sind alle zu diesem Zeitpunkt bestehenden Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten der Stadt Stadtlengsfeld.
- Die Stadt Stadtlengsfeld kann in der Zeit vom Abschluss dieses Vertrages bis zum Inkrafttreten der Eingliederung Änderungen an den bestehenden Arbeitsrechtsverhältnisse oder den Abschluss neuer
- Arbeitsrechtsverhältnisse nur falls unbedingt erforderlich und nur im Einverständnis mit der Gemeinde Dermbach vornehmen. Die tariflichen Regelungen bleiben unberührt.
§ 8
- Wohnsitz, Bürgerrechte
- Soweit für Rechte und Pflichten die Wohndauer im Gebiet einer Gemeinde maßgeblich ist, wird die ununterbrochene Wohndauer in der aufgelösten Gemeinde auf die Wohndauer in der Gemeinde Dermbach angerechnet.
- Alle Einwohner haben die gleichen Rechte und Pflichten. Die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde Dermbach stehen ihnen im Rahmen der geltenden Bestimmungen in gleicher Weise zur Verfügung.
§ 9
Wahrung der Eigenart, Kommunale Einrichtungen
- Die Gemeinde Dermbach ist verpflichtet, den Charakter und das örtliche Brauchtum in den Ortsteilen zu erhalten. Das kulturelle, gesellschaftliche und sportliche Leben, insbesondere die bestehenden örtlichen Vereine sowie die sozialen, kirchlichen und sportlichen Einrichtungen, werden auch weiterhin im Rahmen der Möglichkeiten des Haushaltes gefördert.
- Die örtlichen, öffentlichen, kulturellen, sozialen und sportlichen Einrichtungen werden auch den Vereinen der aufgelösten Stadt Stadtlengsfeld weiterhin im Rahmen der Möglichkeiten des Haushalts zur Verfügung gestellt.
- a) Mittel zur Förderung der Vereine und Erhaltung / Betreibung der bestehenden Anlagen / Immobilien werden in je einer Fördermittelrichtlinie nach Vorschlag der Ortsteilräte von Stadtlengsfeld und Gehaus geregelt und stehen unter Haushaltsvorbehalt.
- Die in der aufgelösten Stadt bestehenden Beziehungen mit Partnergemeinden werden erhalten und werden unter Leitung der Ortsteilräte weitergeführt.
- Bestand und Betrieb der auf dem Gebiet der aufgelösten Stadt vorhandenen kommunalen Einrichtungen (Stadthalle, Bürgerhaus, Schwimmbad, Judenfriedhof) werden gewährleistet und den Erfordernissen entsprechend weiterentwickelt, soweit sie einer sinnvollen Gesamtplanung entsprechen und es die Haushaltsituation zulässt.
- Die Gemeinde Dermbach wird die Kinderbetreuungseinrichtungen im Gebiet der aufgelösten Stadt Stadtlengsfeld so lange erhalten und betreiben, wie die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind und die Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Einrichtung gewährleistet ist. Die Gebühren sind zu vereinheitlichen bis 31,12,20120.
Mit den Trägern der Kinderbetreuungseinrichtungen ist ein gemeinsames Trägerkonzept zu erstellen.
- Die bestehenden Standorte der Freiwilligen Feuerwehr der aufgelösten Stadt bleiben nach Maßgabe des Haushalts bestehen, sofern dies einer sinnvollen Gesamtplanung entspricht. Die vorhandenen Feuerwehreinrichtungen und -geräte werden ordnungsgemäß unterhalten und entsprechend der Erfordernisse zur Erfüllung der Aufgaben im Bereich des Brandschutzes und der allgemeinen Hilfe modernisiert. Mit der Wirksamkeit der Eingliederung ist eine neue gemeinsame Wehrleitung zu wählen. Änderungen in der Struktur (Standorte, Fahrzeuge) bedürfen der Mehrheitsentscheidung der neuen Stadt-/Gemeinderäte in Abstimmung mit der Wehrleitung.
Nach dem Zusammenschluss erfolgt die Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes für die Feuerwehren bis Ende 2020.
- Die Gemeinde Dermbach verpflichtet sich, die Friedhöfe im Gebiet der aufgelösten Stadt beizubehalten und im Rahmen der Möglichkeiten des Haushaltes ordnungsgemäß zu unterhalten.
- Das Schwimmbad in Stadtlengsfeld wird mindestens bis 2021 weitergeführt, wenn die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung in Bezug auf eine sinnvolle Nutzung und Betreibung gewährleistet ist und die Haushaltssituation es zulässt.
- Die Gemeinde Dermbach wird sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür einsetzen, dass der Standort der Grund- und Regelschule erhalten bleibt.
- Die Bauhöfe werden zusammengeführt. Einzelstandorte sind vorgesehen. Künftige Investitionen folgen einem zu erarbeitenden, gemeinsamen Bedarfsplan.
§ 10
Investitionen
- Die Gemeinde Dermbach ordnet die in den Anlagen 2 und 3 aufgeführten und von den beteiligten Gemeinden gewünschten Investitionen zeitlich in einen Investitionsplan für die nächsten Jahre ein. Im Hinblick auf die Bildung von zwei separaten Ortsteilen im Gebiet der Stadt Stadtlengsfeld nach §2 (3) dieses Vertrages wird der Ortsteil Gehaus in Anlage 2 gesondert dargestellt. Dieser ist im Rahmen der Möglichkeiten des Haushalts und nach Maßgabe einer sinnvollen Gesamtplanung abzuarbeiten. Wo die Umsetzung einer ortsteilspezifischen Maßnahme dem Zusammenwachsen der Ortsteile, dem gemeinsamen Wohl der Einheitsgemeinde oder den vorrangigen Zielen der Präambel entgegensteht, muss diese aufgeschoben oder gänzlich abgesagt werden.
- Vorrang haben bereits begonnene Maßnahmen und solche, die bereits in ein Förderprogramm aufgenommen wurden. Des Weiteren werden über einen Zeitraum von 2 Jahren die Höhe der eingebrachten Rücklagen, Schulden und laufenden Einnahmen (Steuern, Wald, Dividenden aus Beteiligungen) des Ortsteils bei der Aufstellung des Investitionsplans berücksichtigt. Die Finanzierung von Investitionsmaßnahmen mit Verpflichtungsermächtigung ist abzusichern.
§ 11
Meinungsverschiedenheiten
- Dieser Vertrag wird im Geiste der Gleichberechtigung und der Vertragstreue geschlossen. Auftretende Unstimmigkeiten sind daher in diesem Sinne gütlich zu regeln.
- Können Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragspartnern nicht einvernehmlich geregelt werden, entscheidet die Rechtsaufsichtsbehörde.
- Widerspricht eine Regelung dieses Vertrags dem geltenden oder künftigen Recht, so behält der Vertrag im Übrigen seine Gültigkeit. Die Beteiligten verpflichten sich, eine ungültige Bestimmung durch eine dem gewollten Ergebnis möglichst nahekommende, rechtlich nicht zu beanstandete Regelung zu ersetzen.
- Von einzelnen Vereinbarungen des Vertrages kann abgewichen werden, wenn sich die dem Vertrag zugrundeliegende Sach- und Rechtslage wesentlich geändert hat und die Bürger des betreffenden Ortsteils der Stadt Stadtlengsfeld der Änderung oder Aufhebung von einzelnen Regelungen mit einer Mehrheit von zwei Dritteln zustimmen.
§ 12
Inkrafttreten
- Die Eingliederung der Stadt Stadtlengsfeld in die Gemeinde Dermbach wird mit dem Inkrafttreten des durch den Thüringer Landtag zu beschließendem Gesetz wirksam.
- Dieser Vertrag tritt – soweit zu seiner Umsetzung das Gesetz nicht erforderlich ist – mit seiner Unterzeichnung durch die Vertragspartner in Kraft.
Dermbach, den 25.05.2018 Dermbach, den 25.05.2018
Bürgermeister/in Siegel Bürgermeister/in Siegel
(Unterschrift) (Unterschrift)
gez. Pempel gez. Hugk
Anlagen zum Eingliederungsvertrag
Anlage 1
Vereinbarung über die Verwendung der Finanzhilfen
Zwischen der Stadt Stadtlengsfeld und der Gemeinde Dermbach die im Zuge der Eingliederung gewährten Finanzhilfen des Freistaates Thüringen werden entsprechend dieser Vereinbarung eingesetzt. Dabei handelt es sich um folgende Abmachungen:
- 1. Die Neugliederungsprämie in Höhe von 200,00€ pro Kopf wird entsprechend der Einwohnerzahl zwischen den künftigen Ortsteilen nach 2 (3) dieses Vertrages aufgeteilt.
- Der Anteil von Stadtlengsfeld soll für Investitionsmaßnahmen und dabei insbesondere für die Erbringung von Eigenanteilen geförderter Investitionsmaßnahmen im Bereich der Städtebauförderung, mit Schwerpunkt auf der Rathaussanierung, eingesetzt werden.
- Der Anteil von Gehaus soll vorrangig für die Dorferneuerung und Dorfsanierung eingesetzt werden
- Die durch die Eingliederung anfallenden Kosten für die Bürger können mithilfe von Mitteln aus der Neugliederungsprämie reduziert werden.
Anlage 2
Investitionsplan der Stadt Stadtlengsfeld
Gemäß den Bestimmungen von §10 des Eingliederungsvertrages zwischen der Stadt Stadtlengsfeld und der Gemeinde Dermbach ordnet die Gemeinde Dermbach die in dieser Anlage aufgeführten und von der Stadt Stadtlengsfeld mit Menzengraben gewünschten Investitionen zeitlich in einen Investitionsplan für die nächsten Jahre ein.
Vorbereitung der Feierlichkeiten zur 15jährigen Partnerschaft mit Ungarn in Stadtlengsfeld
Sanierung/ Umbaumaßnahmen im Rathaus Ausbau der Gehwege in der Gehauser Straße Weiterführung der Städtebauförderung
Straßen und Wegebau Hintergasse, Braugasse, Seitenstraße, Querstraße Instandsetzung Pflaster im Gehweg Alleeweg und Friedensstraße Fertigstellung Straßenbau Wohngebiet Kohlgrubenhöhe 1. BA
Sanierung Trimm-Dich-Pfad an der Felda
Planung und Ausbau Gehweg an der Felda/ Spielplatz
Zu der am 15. August 2018 einberufenen Stadtratssitzung sollen die Stadträte sich entscheiden, ob sie der Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft Dermbach zustimmen oder nicht. Bürgermeister Jürgen Pempel informierte, dass Oechsen, Weilar und Wiesenthal eigenständig bleiben wollen. Bei Fortbestand der VG wären die Gemeinde Dermbach (mit den Ortsteilen Stadtlengsfeld, Gehaus, Brunnhartshausen, Neidhartshausen, Zella und Urnshausen), Oechsen, Weilar und Wiesenthal Mitgliedsgemeinden der VG. Bei Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft fungiert die Gemeinde Dermbach für die eigenständigen Gemeinden Oechsen, Weilar und Wiesenthal als Verwaltungsdienstleister. Gemeinden, die nicht der Einheitsgemeinde Dermbach beitreten wollen, hatten Bauchschmerzen bei dem Vorschlag, die VG aufzulösen, so Pempel. Als Gast hatten die Stadtlengsfelder Stadträte wieder den Leiter der Kommunalaufsicht des Wartburgkreises, Steffen Liebendörfer eingeladen. Er erklärte, dass nicht die VG selbst, sondern deren Mitgliedsgemeinden per Antrag beim Land die Auflösung der VG in die Wege leiten müssen. Mehrere Stadtratsmitglieder wollten wissen, ob die fehlende gemeinsame Gemarkungsgrenze mit Dermbach bei der Eingemeindung von Stadtlengsfeld nach Dermbach ein Problem darstellt. Liebendörfer verneinte: „Wir haben uns mit dem Land ausgetauscht und sind zu dem Schluss gekommen, dass Gemarkungsgrenzen nicht dem Gemeinwohl entgegenstehen dürfen.“ Die Einheitsgemeinde Dermbach zu bilden, wäre wenig sinnvoll, weil diese dann aufgrund zu niedriger Einwohnerzahl kaum belastbar und sehr bald wieder auf Zuweisungen angewiesen wäre. (Hervorhebung R. L.) Hartmut Kirchner bemängelte, dass dem Stadtrat beim Fusionsbeschluss nur ein Mustervertrag vorgelegen hatte und forderte den exakten Vertrag ein. Liebendörfer versprach, sich darum zu kümmern und sich mit der VG zu verständigen. Stadträte und auch die Bürger hätten das Recht, den Vertrag zu bekommen. Stadtrat Uwe Nitsche sprach sich dafür aus, die Verwaltung möge prüfen, ob der Vertrag nochmals beschlossen werden muss oder einfach nur den Stadtratsmitgliedern übermittelt wird. Laut Steffen Liebendörfer ist hierbei entscheidend, wie stark der beim Beschluss vorliegende Mustervertrag vom Originalvertrag abweicht. Für die Auflösung der VG Dermbach zum Jahresende stimmten am Mittwoch acht Stadtratsmitglieder, drei votierten dagegen.[29]
Die Regionale Planungsgemeinschaft Südwestthüringen legt mit Beschluss vom 27.11.2018 den überarbeiteten Regionalplan Südwestthüringen vor. Nun ist Dermbach als Grundzentrum ausgewiesen.
In der regionalen Presse gibt es erste Lesermeinungen zur Eingemeindung der Stadt Stadtlengsfeld in die Gemeinde Dermbach. Wolfgang Heichel, ein ehemaliger Stadtlengsfelder, zeigt sich schockiert: „Kleine Gemeinden im Umfeld wie Weilar und Wiesenthal, sind diesen Schritt der Eingemeindung nicht gegangen und bleiben eigenständig… Hut ab! Die Führungskräfte dieser Gemeinden besitzen noch regionales Bewusstsein. In Lengsfeld ist dies abhandengekommen… Was verbirgt sich dahinter? Es sieht so aus, als ob es eine reine politische Richtungsentscheidung wäre, …“.[30]
2019
Der Bürgermeister der Gemeinde Dermbach zieht eine erste Bilanz aus diesem Eingemeindungsprozess: „ich habe, seit ich Bürgermeister bin, darauf hingearbeitet, dass wir diese größere Struktur bekommen. Nicht nur, weil es die Landesregierung so will, sondern weil ich einfach denke, dass die Region nur gemeinsam überleben kann… Und wenn sich vielleicht diese drei oder vier anderen Gemeinden auch noch irgendwann eingliedern lassen, wird das eine ganz gute Struktur, sodass man sagen kann: die Einheitsgemeinde Dermbach ist groß und stark genug, auch die gesamte Infrastruktur wie Versorgung, Ärzte, Kindergärten, Schulen für die Leute so vorzuhalten, dass es lohnenswert ist, hier zu bleiben und nicht wegzugehen.“[31]
Der öffentliche Protest gegen die Eingemeindung der Stadt in die Gemeinde Dermbach bleibt verhalten. Vereinzelt wird öffentlich die Befürchtung geäußert, dass dies Eingemeindung letztendlich der Identität der Bürger mit ihrem Heimatort schadet.
„Identität geht verloren
Betrifft: Eingemeindung von Stadtlengsfeld in die Gemeinde Dermbach
Nun ist es vollbracht. Stadtlengsfeld ist Ortsteil der Gemeinde Dermbach. Die Entwicklung der Stadt zur „grauen Maus“ im Feldatal wurde von einigen Ratsherren aber schon seit vielen Jahren betrieben. Dabei bediente man sich geplanten Gesetzen, Verordnungen und Absichten im vorauseilenden Gehorsam gegenüber Thüringer Landesregierungen. Diese aber erlangten oft nicht einmal Gültigkeit (zum Beispiel Zwangsvereinigungen). Die Ratsmitglieder der Stadt hatten einen Eid geleistet. Dieser verpflichtete sie, Schaden von der Stadt abzuwenden. Ich meine hier nicht zuerst den finanziellen Schaden. Der war schon mit dem Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft groß genug. Verheerender ist der moralische Schaden, den dieser Beitritt zur Gemeinde Dermbach unter den Stadtlengsfelder Bürgern angerichtet hat. Selbstständig zu sein ist eine Voraussetzung, damit sich Verbundenheit und Identifizierung mit dem Heimatort entwickeln kann. Es ist zu befürchten, dass mit der Demontage der Stadt zu einem Ortsteil viel an Identität mit dem Heimatort verloren gehen wird. Nur weiter so! Frei nach König Friedrich August III. wird die noch schweigende Mehrheit der Stadtlengsfelder Bürger dann wohl denken: „Macht euren … alleine!
Rolf Leimbach“[32]
Größerer Unmut unter der Bevölkerung wegen der Eingemeindung kommt in einer Einwohnerversammlung am15. März 2019 auf. Die Bürger sollten befragt werden, wie Straßen in Stadtlengsfeld zukünftig benannt werden sollen, weil sie in der jetzigen Gemeinde Dermbach doppelt auftreten. Das veranlasst den Gemeinderat Uwe Nitsche in einer Presseerklärung zu der Feststellung, dass den Kritikern der Eingemeindung Informationen fehlen, dass sie Fakten verfälschen und diese mit trotziger Ignoranz wiedergeben.[33]
Das wiederum bewegt Ralf Adam in einer Gegendarstellung im Freien Wort vom 27. März 2019, die Behauptungen von Nitsche zurückzuweisen. Daraufhin forderte Nitsche in einer weiteren Presserklärung im Freien Wort vom 2. April 2019 Adam auf, demokratische Entscheidungen der Bevölkerung zu akzeptieren.
Der am 26. Mai 2019 gewählte Gemeinderat Dermbach besteht aus 14 Sitzen der CDU-Fraktion, aus drei Sitzen der Fraktion Bürger fürs Feldatal/SPD, aus zwei Sitzen der NPD, des Feuerwehrvereins Urnshausen und der Bürger pro Urnshausen mit je einem Sitz. Als ersten Beigeordneten schlug Thomas Hugk Burghard Seifert (CDU) vor. Frank Schaub (Bürger pro Urnshausen) wollte stattdessen Jürgen Pempel (CDU) ins Rennen schicken. „Stadtlengsfeld ist ein großer Ort. Es wäre schön, wenn der Vertreter daherkommt,“ begründete er. Jürgen Pempel lehnte den Vorschlag jedoch ab: „Ich habe vorher gesagt, wie ich mich engagieren möchte. Erster Beigeordneter kommt für mich nicht in Frage.“ Als zweiten Beigeordneten schlug Thomas Hugk Parteikollege Marcus Gerstung vor. Daraufhin meldete sich Gerhard Staudt (Bürger fürs Feldatal/SPD) zu Wort: „Es sollte sich jemand aus der Opposition zur Wahl stellen, damit die demokratischen Grundprinzipien gewahrt bleiben. Ich bin mir bewusst, dass wir ständig unterlegen sein werden. Aber wir sind keine CDU-Monarchie.“ Er schlug Mario Canis (Bürger fürs Feldatal/SPD) als zweiten Beigeordneten vor. In der geheimen Wahl entschieden sich 13 Gemeinderatsmitglieder für Marcus Gerstung, acht für Mario Canis.
Fazit
Nach über 800 Jahren kommunaler Selbstverwaltung verliert die Stadt Stadtlengsfeld ihre Selbstständigkeit.
Erst jetzt, nachdem das Kind im Brunnen liegt, kommen Enttäuschung, Unverständnis und zornige Reaktionen auf. Auch verletzter Stolz bricht sich Bahn. Viele pochen auf das Stadtrecht und befürchten, dass es abhanden gekommen wäre. Dazu ist zu sagen, dass es ein Stadtrecht nicht wirklich gibt. Das Stadtrecht ist ein Bündel von einzelnen Privilegien, welches den Ort gegenüber umliegende Gemeinden heraushebt und zu verschiedenen Zeiten von den weltlichen oder geistlichen Herrschern verliehen wurde. Die meisten dieser Rechte sind im Laufe der Zeit bedeutungslos geworden. Sie wurden durch staatliche Gesetze oder Verordnungen ersetzt. Das wohl wichtigste Recht, war das Recht zur kommunalen Selbstverwaltung. Die Bürger wählten einen Stadtrat. Aus dessen Mitte ging der Bürgermeister hervor. Der Stadtrat bestimmte, was in der Stadt rechtens war. Er entschied, wie die finaziellen Mittel verwendet wurden. Dieses hat die Stadt Stadtlengsfeld mit der Eingliederung nun nicht mehr. Zwar gibt es zum Trost noch einen Ortsteilbürgermeister und einen Ortsteilrat, aber deren Befugnisse sind im Grunde nur von sehr geringer Bedeutung. Das Stadtrecht ist mit der Eingemeindung nach Dermbach nur noch eine Worthülse.
Die Stadtlengsfelder Einwohner haben um ihre Stadt nicht gekämpft. Sie haben jahrelang tatenlos zugesehen, wie einige Stadträte die kommunale Selbstverwaltung der Stadt demontierten. Sie haben es versäumt, sich diesem Prozess entgegenzustellen.
Stadtlengsfeld war in der Bildung von Grundzentren im südwestlichen Wartburgkreis nicht berücksichtigt. Grundzentren sind die unterste Ebene zentraler Orte, mit einem zugehörigen Nahbereich. Sie werden in Regionalplänen ausgewiesen und haben unter anderem die Aufgabe, den Grundbedarf (täglicher Bedarf) der Bevölkerung zu decken und ein Mindestmaß an öffentlicher und privater Infrastruktur anzubieten (Hauptschule, Arzt, Apotheke, Handwerksbetriebe, etc.). Aus der Dokumentation geht hervor, dass es in den Regionalplänenen mehrmals Veränderungen gab, welche Orte als Grundzentrum gelten sollen. Dermbach und auch Geisa waren zeitweise nicht vorgesehen, was den Protest der CDU im Wartburgkreis hervorrief. 2009 weist der Regionalplan Südwestthüringen schließlich die Orte Kaltennordheim, Dermbach, Geisa und Vacha als Grundzentren aus. Stadtlengsfeld ist zu diesem Zeitpunkt noch dem Mittelzentrum Bad Salzungen zugeordnet. Mit dem Beitritt zur VG Dermbach aber wird der Weg freigemacht, dem Grundzentrum Dermbach zugehörig zu sein.
Der damalige Stadtlengsfelder Bürgermeister Ralf Adam verfolgte mit einigen Stadträten für das Feldatal eine andere Gebiets- und Verwaltungsstruktur. Danach sollten Kaltennordheim, Dermbach und Stadtlengsfeld als Grundzentren gelten. Zu Stadtlengsfeld zählten dann die Orte Weilar, Gehaus, Dietlas und Dorndorf. Diese Struktur hätte die historischen, geografischen und wirtschaftlichen Besonderheiten entsprochen, wie sie sich über lange Zeit bestanden hatten. Diese Verwaltungsstruktur aber entsprach nicht den Vorstellungen der damaligen CDU geführten Landesregierung. Man kann nur spekulieren, wer und wann darauf Einfluss genommen hatte. Es spricht einiges dafür, dass dies auch über die Kreisorganisation der CDU geschehen ist.
Dermbach wäre ohne die Stadt Stadtlengsfeld als Grundzentrum nicht lebensfähig gewesen. Stadtlengsfeld bringt die nötige Einwohnerzahl zur Gemeinde Dermbach. Als Kommune mit möglicherweise 9.000 Einwohnern habe man eine größere Chance in dem Run um alle Standort wie Schulen, Ärzte, Banken, Apotheken – all das, was einen Ort lebenswert macht, wie der Bürgermeister von Dermbach, Thomas Hugk, schon 2012 betonte.[34]
Es ist jetzt schon abzusehen, dass vieles, was Stadtlengsfeld lebenswert macht, aus dem Stadtbild verschwindet. So hat die Filiale der Wartburg-Sparkasse schon geschlossen. Für die Apotheke kommt Ende 2019 das Aus. Der Bestandsschutz für das Schwimmbad ist laut Eingliederungsvertrag nur bis 2021 gegeben.
[1] Die Schlüsselzuweisung ist ein Mittel der Gemeindefinanzierung im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs, in dem sie die wichtigste Position darstellt. Die Schlüsselzuweisung ist eine zweckfreie Zuweisung zur allgemeinen Finanzierung der Ausgaben des Verwaltungshaushaltes. Die finanzielle Unterstützung der Gemeinden durch ein Land ist geregelt im jeweiligen Gemeindefinanzierungsgesetz oder Finanzausgleichsgesetz. Die Höhe der jeweiligen finanziellen Unterstützung einer Gemeinde wird durch Ausgangsmesszahlen in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl ermittelt. Quelle: Wikipedia 2019
[2] STZ, 3. Juni 2005
[3] Freies Wort, 17. September 2005
[4] Protokoll der Stadtratssitzung vom 19.01.2006
[5] Protokoll der Stadtratssitzung vom 19.01.2006
[6] Freies Wort, 21. Januar 2006
[7] Südthüringer Zeitung, 4. März 2006
[8] Freies Wort, 8. März 2006
[9] Freies Wort, 9. März 2006
[10] Freies Wort, 13. März 2006
[11] Regionale Planungsgemeinschaft Südwestthüringen
[12] Freies Wort, 8. Juli 2011
[13] Freies Wort, 9. Juli 2011
[14] Gemeinde Dorndorf, Niederschrift über die Beratung zur Gebietsreform vom 6. September 2011
[15] Freies Wort, 1. November 2011
[16] Freies Wort, 2. November 2011
[17] Freies Wort, 3. November 2011
[18] Freies Wort, 25.11.2011
[19] Freies Wort, 14.02.2012
[20] Freies Wort, 25.02.2012
[21] Freies Wort, 28.02.2012
[22] Freies Wort, 06.02.2012
[23] Freies Wort, 09.06.2012
[24] Freies Wort, 03.11.2012
[25] Protokoll zur Beratung des Stadtrates am 28.11.2013
[26] Protokoll des Stadtrates Stadtlengsfeld vom 10.11.2016
[27] Gemeint ist die Eingemeindung der Stadt Stadtlengsfeld in die Gemeinde Dermbach
[28] Das ist eine falsche Information. Das Vorschaltgesetz war zu diesem Zeitpunkt noch in der Beratung im Thüringer Landtag und keineswegs beschlossen und hatte deshalb noch keine Gesetzeskraft.
[29] Freies Wort, 17.08.2018
[30] Freies Wort, 31.12.2018
[31] Freies Wort, 16.01.2019
[32] Freies Wort, 04.02.2019
[33] Freies Wort, 19.03.2019
[34] Freies Wort, 08.10.2012