|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
[Home] [Karolinger] [Rhön] [Mittelalter] [Landwehr] [Messewege] [Chausseen] [Schiffkanal] [Flurnamen] [Quellen] [Impressum]
|
|
|
|
Vom Trampelpfad zur Autobahn
|
|
|
|
Wenn man sich durch den Urwald Amazonien schlagen will, was macht man dann?
Man nimmt sich eine Machete, Proviant, viel Mut und versucht sich zunächst entlang eines Flusslaufes vorwärtszuarbeiten. Der Fluss bietet Orientierung, Deckung, Wasser und Ufer, an denen man entlang stapfen kann.
Ähnlich ist es sicherlich den frühzeitlichen Menschen ergangen, als sie die Urwälder Europas durchstreiften. Die Flusstäler bereiteten weniger Mühsal als von Berg zu Berg zu kraxeln, ohne Orientierung. Wo jedoch bergige Mittelgebirgslandschaft vorherrschte, verliefen die Trassen auf den Höhenrücken, die oft auch Wasserscheiden waren. Diese verließ man in der Regel nur, um Flüsse oder Bäche zu durchqueren. Die Flüsse schoben sich oft in großen Bögen ihrer Mündung zu. Die Täler wurden in ihrer ganzen Breite von ihnen und ihren Nebenarmen sowie dem Auwald ausgefüllt und waren meist unbewohnbar.
Dazu kamen die einmündenden Flüsse und Bäche, die man ebenfalls hätte überqueren müssen. Schon in der Vor- und Frühzeit spielte der Handel eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Fernverbindungen. Die Franken waren nach den Kelten vermutlich bei ihrer Landnahme die nächsten in der Rhön, die uralte günstige Hochstraßen nutzten, welche seit Jahrtausenden über die Kämme der Mittelgebirge verliefen und an denen sich auch Siedlungen befanden. Bis zur Entstehung von Talstraßen spielte sich das Leben im Wesentlichen etwas höher als heute ab, das heißt nicht in den Tälern, sondern in den mittleren Lagen. Als Hinweis dafür mögen auch die Wüstungen in der Rhön dienen, von denen sich manche an alten Fernwegen in Hoch- und Mittellagen befanden, zum Beispiel die Wüstung Kohlgraben/Kohlgrube bei Wölferbütt an der Straße nach Völkershausen oder die Wüstung Waldsassen bei Stadtlengsfeld an einem Verbindungsweg zwischen der Hohenwart und Martinroda.[6]
Viele – zum Teil noch heute – genutzte Straßen oder Bahntrassen führen entlang jener historischen Pfade.
Nicht erst seit der Großen Völkerwanderung (3. bis 7. Jahrhundert) zogen die Stämme Europas durch das Land. Auch schon zur vorchristlichen Zeit gab es Handelswege, zum Beispiel die Bernsteinstraßen. Zwei solche Transportrouten konnte man weitgehend rekonstruieren. Eine Route verlief von der Ostsee (Gothiscandza, Nähe Köngisberg) über Böhmen bis zur Adria, die andere von der Nordsee (Gläsaria, Nähe Hamburg) über Köln bis in die Po-Ebene Italiens. Wenn man sich die Topographie Europas vor Augen führt, dann mussten die Wege sowohl durch flaches Land, durch sumpfige Urwälder, über große Flüsse als auch über gewaltige Bergketten wie die Alpen führen. So darf es nicht wundern, wenn in späteren Jahrhunderten weit schwierigere Wege entstanden sind.
|
|
|
|
|
|
|
|
Straßenbäume
Übrigens, es wird angenommen, dass die Europäer nach der Rückkehr von Marco Polo aus China begannen, Bäume entlang der Straßen zu pflanzen. Bereits im 13. Jahrhundert ordnete der damalige Herrscher von China an, dass Bäume auf beiden Seiten der Straßen im Abstand von zwei Schritten vom Straßenrand gepflanzt werden sollten. Für die verursachten Schäden bei Landungen am Straßenrand drohten Strafen bis hin zur Todesstrafe. Natürlich wurden nicht alle chinesischen Erfindungen von Europäern übernommen, aber Straßenbäume haben in Europa “Wurzeln geschlagen”.
Der italienische Architekt Andrea PALLADIO (1508-1580) empfahl in seinen vier Büchern über Architektur (I Quattro Libri dell'Architettura, 1570) neben anderen allgemeinen architektonischen Prinzipien, Bäume an Straßenrändern zu pflanzen, da sie Schatten spenden, die Umgebung verschönern und der Seele Freude bereiten.
Die Probleme regelmäßiger Bepflanzungen an Straßenrändern waren in Preußen zunächst kein Thema. Noch im 17. Jahrhundert dienten Bäume nur zur Markierung der Grenzen zwischen Kirchengemeinden oder Dörfern. Später begannen die lokalen Straßen, die zu dieser Zeit die Mehrheit waren, an den Seiten mit Weiden bepflanzt zu werden. Den Anstoß dazu gab der Erlass von FRIEDRICH WILHELM I. (1713-1740), der sich als erster der preußischen Könige dem Problem der Baumpflanzung an den Straßen annahm. Die vollständigsten Anweisungen zu den Regeln für das Pflanzen von Bäumen enthielten jedoch den Erlass FRIEDRICHS des GROSSEN (1740-1780) vom 24. Juni 1764, nach dem Weiden oder andere Bäume gepflanzt werden sollten, nämlich entlang der Straßenränder von lokaler Bedeutung, Poststraßen und Straßen von nationaler Bedeutung, einschließlich militärischer.
Seitdem wurden die meisten Straßen mit gepflanzten Bäumen mit dem französischen Wort „Gasse" benannt. Wegen Zerstörung von Straßenbäumen drohte Strafe. Ein Jahr später wurde eine Waldpflanzungsvorschrift erlassen, der auch auf Straßenbäume achtete. Danach war die Wahl der zu pflanzenden Baumarten das Vorrecht der örtlichen Verwaltung, die die Möglichkeit hatte, aus mehreren Arten zu wählen: Eiche, Linde, Birke, Weide und Pappel.
Die Breite der Straße wurde auf 6-9 m (20-30 Fuß) festgelegt. Auf beiden Seiten waren Gräben. Vorschriften von 1814 und 1834 legen den Abstand zwischen Bäumen entlang von Straßenrändern fest. Der erste spricht von 18 Fuß (ca. 5,5 m), der zweite von ca. 10-35 Fuß (ca. 3-11 m). Es wurde auch vorgeschrieben, „Steinhäcksler“ entlang der Straßen zu installieren, damit Karren und Wagen den Bäumen keinen Schaden zufügen würden. Zahlreiche Rundschreiben von lokaler Bedeutung, die in verschiedenen Jahren veröffentlicht wurden, legten die Anforderungen an die Instandhaltung von Straßen fest (1850, 1853) und forderten die Straßenbesitzer unter anderem auf, Jahrespläne für ihre Reparatur zu erstellen und das Strafmaß festzulegen die Zerstörung von Straßenbepflanzungen.
Ahndung von Baumfrevel
Auch das preußische Telegrafen-Weggesetz vom 18. Dezember 1899, das den Bau regelte, wies die pflegliche Behandlung von Straßenbepflanzungen an. Im Jahr 1911 wurde eine Wegordnung für die Provinz Ostpreußen erlassen, die unter anderem die Anforderungen an die Anpflanzung von Bäumen entlang der Straßen festlegte. Aufsichtsfunktionen für die Durchführung dieses Erlasses wurden der Verkehrspolizei übertragen. Besonderes Augenmerk wurde auf die Frage der Verantwortlichkeit für Schäden an Straßenbäumen gelegt. Gemäß der Verordnung FRIEDRICH WILHELMS I. (1731) wurden diejenigen, die vorsätzlich Bäume schädigten, in Form von Zwangserdarbeiten für den Bau von Befestigungen bestraft. Später, im Jahr 1797, wurde wegen Beschädigung eines Straßenbaums eine Geldstrafe verhängt (... der, der den Angreifer anzeigte, sollte im Gegenteil belohnt werden ...). Der Schuldige wurde in Lagern festgehalten und zum Ersatz des verursachten Schadens verpflichtet. In besonderen Fällen wurde der Schuldige an einen Pranger gefesselt (von 10 bis 16 Uhr) und ihm ein Schild mit der Aufschrift „Baumpest“ in deutscher und polnischer Sprache um den Hals gehängt. Außerdem musste der Täter genau denselben Baum pflanzen. Später war die Strafe nur noch eine Geldstrafe von 5 Talern für jeden beschädigten Baum (1840). Bäume entlang der Straßen wurden hauptsächlich aus praktischen Gründen gepflanzt, damit Reisende im Dunkeln nicht in die Irre gingen und die Truppen, die sich entlang der Straßen bewegten, einen Schatten hatten.
|
|
|
|
|
|
|
|
Bäume entlang von Haupt- und Poststraßen
Auf den sog. Schrötter-Karten, entstanden 1796-1802, sind bereits Wegbepflanzungen entlang von Poststraßen und Hauptstraßen eingezeichnet. Sie gelten als die genauesten Karten für den Norden Preußens. Auf den Karten sind viele Objekte markiert, die auf die eine oder andere Weise die Straßeninfrastruktur bilden - Gasthäuser, Brücken usw. Gassen bildeten und schützten auf natürliche Weise die Landschaft am Straßenrand. Im Jahr 1822 wurde in Preußen auch der Gartenbauliche Förderverein gegründet, der die Verbesserung der Landschaft einschließlich der Anlage von Alleen zum Ziel hatte.
Maulbeeren
In Berlin entstand sogar die erste private Gärtnerei für Alleebäume. Sogar die Pflanzung von Maulbeerbäumen, deren Setzlinge aus China stammten, wurde in Preußen staatlich Ebene gefördert. Es hat dies jedoch keine nennenswerte Wirkung gezeigt. Auch ein Sondererlass von 1742 half nicht, wonach eine mehrjährige Subvention für diejenigen vorgesehen war, die eine Maulbeer-Baumschule gründen oder mit dem Anbau beginnen würden. Darüber hinaus wurden Vorschriften entwickelt, um das Pflanzen von Bäumen in Dörfern zu regeln und unter anderem die Hausbesitzer anzuweisen, Gärten anzulegen und Weiden in der Nähe von Häusern zu pflanzen. Auch die Bepflanzung der Grundstücksgrenzen mit Bäumen wurde vorgeschrieben (Dorf Ordnung, 1723).
Landschaftspflege kein Begriff der Neuzeit
Fast alle im 19. Jahrhundert neu gebauten Straßen waren von Bäumen gesäumt. Nach den bestehenden Vorschriften war der Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Straße verläuft, verpflichtet, Straßengräben ständig zu unterhalten, Bäume zu pflanzen und Steine am Straßenrand anzubringen, um Bäume vor Beschädigungen zu schützen. Gemäß den Erlassen FRIEDRICH WILHELMS IV. vom 16. Februar 1841 sollte der Wiederaufbau alter Straßen möglichst mit möglichst geringen Schäden an Straßenbäumen erfolgen. Es wurde angeordnet, das Fällen von Bäumen zu vermeiden. Für Neupflanzungen wurde vorgeschlagen, Linde, Eiche, Kastanie, Birke, Pappel usw. zu verwenden. Gleichzeitig sollten Pappeln wegen ihres flachen Wurzelsystems, das die Fahrbahn beschädigen könnte, in einiger Entfernung vom Straßenrand gepflanzt werden.
|
|
|
|
|
|
|
|
Obstbäume
Aufgrund eines Erlasses vom 14. Oktober 1854 wurde es erlaubt, Alleen mit Obstbäumen auszustatten. In Preußen wurde bereits 1752 vorgeschlagen, Obstbäume entlang von Straßen zu pflanzen. Besonders häufig wurden Obstbäume an den Straßenrändern in unmittelbarer Nähe der Siedlungen gepflanzt. Oft mieteten die Eigentümer von Straßen Straßenränder, um sie mit Obstbäumen zu bepflanzen, und verlagerten damit die Sorge um den Zustand der Alleen auf die Schultern der Mieter. Offensichtlich sollten Obstbäume ihren Nutzern materielle Vorteile bringen. In der Lokalpresse jener Jahre sind Anzeigen für die Verpachtung von Obstgassen keine Seltenheit. Es gibt auch Anzeigen für die Pacht von Straßengräben, deren Gras gemäht werden konnte.
Autostraßen
Die spätere Verbreitung des Automobils war der Grund für den Ausbau und die Modernisierung der Straßen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Organisation von Straßenbepflanzungen eine solide theoretische Grundlage. Es wurde empfohlen, solche Baumarten zu pflanzen, wie Ulme - ein erstklassiger Baum zur Bildung von Alleen mit geradem Stamm und breiter dichter Krone - , Birke, die sich auch hervorragend für diesen Zweck eignet, sowie Eiche, Linde und Esche. Auf dem Gebiet Preußens wurden oft Aktionen von Schulkindern organisiert, um Bäume zu pflanzen. Die Anpflanzungskosten für einen solchen Setzling betrugen 2,64 Mark, während die Kosten für Setzlinge (z. B. Silberlinde) 4,5 Mark betrugen. So kostete die Anpflanzung eines Setzlings der häufigsten Arten vor dem Ersten Weltkrieg 4 bis 8 Mark. Die Pflege jedes gepflanzten Baumes (gießen, schneiden, düngen) kostet jährlich 25 Pfennig. Im Vergleich zu anderen erschienen diese Kosten nicht zu hoch.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Copyright R. Schlegel 2024 2025
|
|
|