Chausseen

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Zollverein

Erst mit der Gründung des Deutschen Zollvereins, der ein Zusammenschluss von Staaten des Deutschen Bundes war, fielen die Schranken. Der Zollverein trat durch den am 22. März 1833 unterzeichneten Zollvereinigungsvertrag am 1. Januar 1834 in Kraft. Es dauerte in unseren Gefilden bis zur 1848er Revolution, bevor auch hier endlich die Schlagbäume fielen. Die Landwehr hatte damit ihren Zweck verloren. Sie verfiel vielerorts. Dennoch hatte sie Bedeutung für die Zukunft. Die Grenzbefestigung wurde in vielen Bereichen durch Wege und Straßen ersetzt, so dass diese Trassen dem Verlauf der ehemaligen Landwehr folgen, zum Beispiel die Straße zwischen der Weilarer Papiermühle und Urnshausen.

Chausssee

Abbildung 13: Straßen im Land Thüringen von 1848; nur von Eisenach führte eine Chaussee in Richtung Fulda; eine weitere führte nach Meiningen; zwischen Dorndorf und Bad Salzungen gab es eine Verbindung. Quelle: A. Kunz, 2006

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts gab es im Deutschen Reich keine gebauten Straßen. Diese sog. Kunststraßen wurden später auch als Chausseen bezeichnet. Die „Link‘ Chaussee“ von Stadtlengsfeld zum Hämbacher Kreuz ist eine solche Kunststraße.

Im Jahr 1872 haben Lengsfelder eine Petition im Weimarer Landtag eingebracht, um eine neue Straße zwischen Stadtlengsfeld und Bad Salzungen zu bauen. Diese sollte von Lengsfeld über die sog. „Leimbacher Scheide“ direkt nach Salzungen führen. Die „Link‘ Chaussee“ über das sog. „Jungholz“ war sehr steil und kurvenreich, so dass sie im Winter oftmals von der Postkutsche über Dorndorf umfahren werden musste.

Sie war Teil der sog. Oberländer Straße. Sie nahm man nach einem 1821 gestellten Antrag der Landstände drei Jahre später in Angriff. Sie ging damals von Lengsfeld durch das „Jungholz“ nach Tiefenort. Erst 1834 wurde das Teilstück nach Dorndorf (und Weiterführung nach Berka) fertiggestellt. [19] Sie wurde Teil einer Landstraße Rasdorf-Geisa-Öchsen-Salzungen (vgl. Abb. 10). Es existierten jedoch Verbindungsstraßen zwischen einzelnen Orten. Heute würde man sie eher als Feldwege bezeichnen. Wer sich auskannte, brauchte keine speziellen Fernstraßen. Er konnte auch die kürzeren Wege oder Nebenstraßen nutzen, ausgenommen die Messekaufleute, die schnelle und sichere Fernverbindungen suchten.

Dass sich die alten Nebenverbindungen auf den Höhen trotz des späteren Hauptverkehrs in den Tälern erhalten haben, ist sicher auf ihre militärische Nutzung zurückzuführen. Noch bis in das 19. Jahrhundert wurden einige von ihnen als Aufmarsch- und Rückzugsstraßen genutzt.

Um das Jahr 1850 gab es in Thüringen nur wenige sog. Chaussee-Straßen. Sie sind in einer Landkarte von 1848 dargestellt (vgl. Abb. 13). Chausseen verbanden Ostpreußen mit dem Saarland und Schleswig-Holstein mit Bayern. In die Rhön führten davon keine. Es gab jedoch schon basaltgepflasterte Straßen. Albrecht von Boineburg-Lengsfeld (1785-1868) beschrieb sie in einem Text um 1850:

An dem silberhellen Gebirgsflüsschen, die Felda genannt, erhebt sich amphitheatralisch das gewerbfleißige Städtchen Lengsfeld mit seinen weißen Häusern an einem Hügel, dessen Spitze eine stattliche neuerbaute Kirche mit den Wohnungen des Geistlichen und den Schulgebäuden krönt. Hier kreuzen sich mehrere schöne Basaltstraßen von Eisenach, Vach, Salzungen und aus Franken. Grund genug, warum man hier schon in alter Zeit ein Schloss anlegte, welche die Verbindung Thüringens mit Franken und Buchonia beherrschte. Auch war ein festes Bollwerk gerade hier an den zusammenstoßenden Grenzen mehrerer Gebiete in den Zeiten der Unsicherheit und der dauernden Fehden zum Schutz der Unterthanen gegen fremde Angriffe nothwendig.“

landkarte Wege Lengsfeld

Abbildung 14: Straßen und Wege von und nach Stadtlengsfeld im Jahr 1823, Quelle: Archiv R. Leimbach, 2014

In einer Karte aus dem Jahr 1863, in der das Großherzogliche Patrimonial-Amt Lengsfeld ausgewiesen ist, sind die seinerzeit genutzten Straßen und Wege verzeichnet. Danach führte eine einzige Straße von Dorndorf rechts der Felda kommend, über Dietlas, Lengsfeld nach Weilar, Dermbach, Fischbach bis nach Kaltennordheim (vgl. Abb. 14).

Mit Beginn der Industrialisierung am Anfang des 19. Jahrhunderts wird der Straßenbau in Angriff genommen. Im Jahr 1824 wird der Bau der „Oberländer Straße“ (heute Felda-Straße mit ihren zum Werra- und Ulstertal führenden Verbindungsstrecken in Angriff genommen und in den folgenden Jahrzehnten der Grundstein für das uns heute bekannte Straßennetz gelegt.

Von Lengsfeld führte zudem (1) ein Feld- bzw. Waldweg zur Hohenwart, Gehaus und Öchsen (heute Gehauser Straße, vgl. Abb. 14). Zum gleichen Ziel führte (2) ein Waldweg über den Sophienpark zur Hohenwart (der frühere Eselspfad). Am Hundskopf vorbei, entlang „der Fischbach“, führte (3) ein Weg nach Fischbach am Baier (heute Wüstung) und zum Baiershof.  (4) Aus dem dritten Lengsfelder Stadttor heraus ging ein Weg rechts der Felda nach Weilar.

Er entspricht der heutigen Torstraße, hin zum Rückers Hauck, über den Rommel- und Knierimsgraben, durch den Maselbach und an der Stephanskuppe vorbei. Er endete dort, wo sich heute die Weilarer Gärtnerei Gebhardt befindet.  Nach Salzungen führten zwei Wege: (5) einer über die Kniebreche, um den Rückers Hauck herum und am Müllers Kopf vorbei; (6) der andere von der Gelberüben-Gasse, zum heutigen Denkmal, südlich am Weinberg vorbei und über das „Blockhäuschen“.

Es gab auch einen Weg nach Leimbach (7). Er startete in der heutigen Pestalozzistraße, führte entlang des Alleeweges, des Kohlgrabens, des nördlichen Bornkopfes in Richtung Dreiherrnstein nach Leimbach.  Von diesem Weg zweigte (8) noch der Weg nach Hämbach und Tiefenort ab. Das war etwa dort, wo heute der Wald an der Link(en) Chaussee beginnt.

Bekannt ist auch der Weg nach Merkers. (9) Er hat seinen Ausgangspunkt an der Sauhohle (heute Tankstelle), führte dann am Galgenberg vorbei zur Merkerser Ecke und schließlich nach Merkers.

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Landkarte Lengsfeld 1783

Abbildung 15: Straßen von Fulda nach Salzungen über Lengsfeld aus dem Jahr 1783. Quelle: D. A. Hauer, Topographice d’Allemagne, 1783, verändert

Neben der Straße nach Dietlas führte noch ein Weg (10) links der Felda nach Dietlas und Vacha. Er zweigte südlich der Schneidmühle von der Straße ab, kreuzte die Felda, führte am Schrammhof vorbei bis Dietlas. Er konnte aber auch direkt von Lengsfeld kommen, wo er von der Weilarer Straße vor dem Untertor abzweigte und durch eine Furt der Felda führte (vgl. Abb. 15). Kurz vor Dietlas zweigte die Straße ab und führte über den Unteren Vachaer Busch nach Vacha.

Vom Schrammhof konnte man aber auch über einen Fußweg (11) zur Schneidmühle gelangen, d. h. zur Dietlaser Straße. Es gab südlich vom Menzengraben einen Steg über die Felda. Von da ging der Weg über die Kreuzwiese (wird heute durch den Bahndamm geteilt) zur Schneidmühle.

Die letzte Verbindung von Lengsfeld aus war der Weg nach Martinroda. Er (12) zweigte von dem Vachaer Weg hinter dem Schrammhof, d. h. am Menzengraben (heute rückgebauter Schacht), ab. Dann ging es bergauf in Richtung der Wüstung „Wüstensachsen“, an den drei Hahnenköpfen vorbei, nach Martinroda sowie Völkershausen oder auch Vacha. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Chaussee nach Tiefenort und die Straße nach Gehaus ausgebaut.

Die Hauptstraße zwischen Dorndorf und Kaltennordheim erfuhr eine Erneuerung. Diese vier Ausfallstraßen wurden zu Hauptverkehrsverbindungen, vor allem mit der zunehmenden Motorisierung im 20. Jahrhundert. Die anderen Wege verloren im modernen Verkehrsnetz ihre Bedeutung.

Landkarte Lengsfeld 1765

Abbildung 16: Wege von Dorndorf bzw. Vacha rechts- und linksseitig der Felda nach Lengsfeld und weiter nach Weilar bzw. Dermbach aus dem Jahr 1765. Quelle: Johann Leonhard Biertkämpffer und Johann Friedrich Schröder, Staatsarchiv Marburg PII 13644, verändert

Zuvor gab es nur eine wichtige Straßenverbindung von Fulda kommend, über Geisa, Geblar, Öchsen, Hohenwart nach Lengsfeld und von hier nach Leimbach mit Anschluss an die Vacha-Dorndorf-Merkers-Salzungen-Meinigen Magistrale. Sie ist in einer Karte aus dem Jahr 1783 eingetragen (vgl. Abb. 15). Noch weiter zurück, im Jahr 1765, werden nur zwei Wege dargestellt.

Der eine Weg kommt von Dorndorf rechtsseitig der Felda nach Lengsfeld und führt nach Weilar, Urnshausen usw., der zweite kommt von Vacha linksseitig der Felda über den Schrammhof nach Lengsfeld und führt weiter nach Weilar, Dermbach usw. (vgl. Abb. 16).

In dieser Karte ist deutlich die Lengsfelder Brücke über die Felda und den Mühlgraben dargestellt, die vier Lengsfelder Mühlen sowie die noch heute existente Straßenführung innerorts. Zu sehen ist die seit den 1970er Jahren bekannte „Einbahnstraße“, d. h. Amts- und Burgstraße, sowie der Angel (mit der heutigen Markt- und Obertorstraße). Interessanterweise geht vom Angel eine Straße südlich ab, in Richtung Hintergasse. Vom südlichen Stadttor geht eine weitere südöstlich ab. Das könnte die Torstraße mit Fortsetzung nach Weilar sein. Vor dem Untertor und jenseits der Felda führte eine dritte Straße in Richtung Weilar bzw. zu den Weilarer Häusern am Baierweg.

Landdkarte Boineburg 17 Jh
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Abbildung 17: Ausschnitt aus einer Landkarte des Besitzes der Reichsfreiherren von Boineburg-Lengsfeld; stilisierte Darstellung von Stadtlengsfeld aus dem 17. Jahrhundert. Quelle: Archiv R. Leimbach, 2014

Die zuvor bezeichnete Landkarte harmoniert mit einer stilisierten Darstellung von Stadtlengsfeld (vgl. Abb. 17). Markant auf der Darstellung ist, dass es eine zweibogige Steinbrücke über die Felda gibt, drei Stadttore, zwei in Richtung Weilar sowie eines in Richtung Dorndorf sowie nach Sal(t)zungen. Zudem ist außerhalb der Stadtmauer eine Mühle zu sehen. Die stand etwa dort, wo sich später die Konsumbäckerei befand und heute EDEKA-Markt. Vor der Feldabrücke gab es vermutlich Gemüse- und Obstgärten. Die Kirche ist ebenfalls vermerkt, die Burg von Lengsfeld nicht.

Neben die beiden offiziellen Toren könnte das dritte Stadttor in Richtung Süden (Weilar) für die Bauern angelegt worden sein, um die Einbringung der Ernte zu erleichtern; das war im Mittalter durchaus üblich (vgl. Abb. 17).

In der Gegenwart ist Stadtlengsfeld verkehrsmäßig gut ausgebaut und an Autobahnen angebunden (vgl. Abb. 18). Deutlich wird, dass die modernen Straßen noch heute den historischen Trassen folgen. Warum auch nicht?

Abbildung 18: Straßen von und nach Stadtlengsfeld im Jahr 2014; von Stadtlengsfeld nach Dorndorf bzw. Kaltennordheim führt die Landstraße L1022, von Stadtlengsfeld nach Gehaus und Öchsen die Landstraße L2602, von Stadtlengsfeld nach Hämbach bzw. Tiefenort die Landstraße L1120. Quelle: Google Maps, 2014

Landkarte Lengsfeld 2014

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