Chronik

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Belegschaft 1923

Abbildung 1: Führungsriege des Schachtes Menzengraben um das Jahr 1923; Gebäude war in den 1970ern Wohnhaus und Gaststätte

Im Turmknauf der evangelischen Kirche zu Stadtlengsfeld wurde im Jahr 1922 ein Schriftstück hinterlegt, welches die Probleme beim Abteufen der Schächte am Menzgraben aufzeigt [1] :

„Kaliwerke Grossherzog von Sachsen A. G.; Schachtanlage II/III,  Menzengraben

Um den späteren Geschlechtern einige Aufschlüsse über die Entwicklung der Kaliindustrie in der Lengsfelder Flur (Menzengraben) zu geben, wird folgendes niedergeschrieben:

Wie in der Chronik vom Jahre 1913 zu lesen ist, begannen am 1. April 1911 die Abteufungsarbeiten von Schacht II/III.

Nachdem der Buntsandstein, welcher bis 1600 Liter Wasserzuflüsse in der Minute führte, durchteuft war, begannen die eigentlichen Schwierigkeiten des Abteufens im hießigen Gebiet. Der Dolomit, welcher fast nicht zu hebende Wasser führt, wurde versteinert. dieses Versteinerungs - Verfahren, welches unter der umsichtigen Leitung des Herrn Direktor Herrn Heinrich Evertsbusch sehr gut Vonstatten ging, wurde am 31. Juli 1914 durch des Ausbruch des Weltkrieges stark gehindert. die sofortige Einberufung zut Fahne verringerte die Belegschaft um 9/10 ihrer Kopfzahl. Daraufhin wurden die Arbeiten von Schacht III eingestellt; während der Fortgang des Versteinerns von Schacht II mit hilfe der alten und kaum der Schule entwachsenen jungen Leuten weitergeführt wurde. Nach Beendigung des Versteinerungsverfahrens wurde der Abteufbetrieb aufgenommen und unter schwierigen Verhältnissen und Anspannung aller Kräfte der Beamten und Arbeiter glücklich durchgeführt. Besonders verdient erwähnt zu werden, dass bei diesen Arbeiten nicht ein Ünglücksfall vorgekommen ist. Bei 520 m Teufe wurde das Kalilager angefahren und konnte nach Ausbau des Schachtes II Ende 1915 in der Förderung begonnen werden.

Die Betriebsgebäude und der Eisenbahnanschluss waren vor Ausbruch des Krieges bereits fertig gestellt. Ein großer Salzspeicher von 140 m Länge, welcher 2000 Doppelladungen aufnehmen kann, wurde 1916/17 trotz der großen Baustoffknappheit und des Leutemangels fertig gestellt. Während des ganzen Krieges wurde der Betrieb in Schacht II mit Hilfe von gefangenen Franzosen, Engländern, Russen, Marokkanern und allerlei Völkergemisch aufrecht erhalten. Bei Aufschluss des Salzlagers fand man, dass dieses Lager das mächtigste und beste Kalilager des ganzen Werragebietes ist.

Nach Beendigung des Krieges wurden die Arbeiten in Schacht III wieder aufgenommen; zur Zeit ist das Versteinerungsverfahren im Gange und hofft man auch hier die bevorstehenden Schwierigkeiten zu überwinden. Bei den Abteufungsarbeiten waren folgende Beamte tätig:

Herr Obersteiger Ludwig Suffa, welcher inzwischen verstorben ist,

Herr Steiger Ehrgott Faatz,

Herr Betriebsaufseher Friedrich Kähler,

Herr Betriebsaufseher Willy Eisenächer und

Herr Maschinensteiger Eugen Michael.

Menzengraben bei Stadtlengsfeld, den 18. Juni 1922

Für die Richtigkeit  (handschriftlich) Eugen Michael , Maschinensteiger Evertsbusch, Betriebsdirektor“ (vgl. Abb. 3)

Turmknopf 1922

Abbildung 3: Faksimile von Unterschriften der Bergwerksleitung Menzengraben aus dem Jahr 1922, hinterlegt im Turmknauf der evangelischen Kirche von Stadtlengsfeld

Menzengraben 1923

Abbildung 2: Schacht II und III der Gewerkschaft “Großherzog von Sachsen” am Menzengraben um 1925

Im Spätsommer 1919 wurde mit dem Bau einer Chlorkaliumfabrik im Menzengraben begonnen und wird im Laufe dieses Jahres noch in Betrieb genommen werden. Diese Fabrik ist eine der größten Chlorkaliumfabriken Deutschlands und wurde nach den Angaben des Herrn Direktor Karl Hepke gebaut. Die kaufmännische Leitung hat Herr Direktor Johannes Bohnstedt inne.

Sämtliche Bauarbeiten wurden von der Firma Adam Kümpel, Vacha unter der Aufsicht des Herrn Bauführer Bernhard Liephold ausgeführt.

Seit Mai 1921 ist Herr Ferdinand Böhme aus Sondershausen verantwortlicher Betriebsführer für die Schachtanlage II/III.

Die Belegschaftsstärke beträgt zur Zeit 250 Mann.

Um den Beamten der Schächte und der Chlorkaliumfabrik Wohnungen zu beschaffen, wurde eine Kolonie in Menzengraben erbaut. Die Einwohnerzahl in Menzengraben beträgt zur Zeit 73 Seelen.

Ich schließe meine Aufzeichnungen mit dem Wunsche, dass derhiesigen Kaliindustrie eine glückliche Zukunft beschieden sein möge zum Segen der Rhönbewohner.

In der „Rhönzeitung“ vom 5. September 1911 (Nr. 208) wird zum Bau der Grubenanschlussbahn folgendes gemeldet:

Dietlas, 4. September. die Gewerkschaft Großherzog von Sachsen hat die 3 km lange Grubenanschlussbahn ihrer beiden neuen Schächte am Schramhof bei Stadtlengsfeld der Bahnindustrie - Aktiengesellschaft Hannover - Herrenhausen zur Ausführung übertragen. Genannte Gesellschaft läßt den Unterbau für diese Bahnanlage durch Herrn Bauunternehmer Wesche - Leimbach zur Ausführung bringen, während zwei erforderlich werdende Brücken durch Herrn Maurermeister Adam Kümpel - Vacha erbaut werden. Die Grubenanschlußbahn wird derartig ausgeführt, dass sie bei einem eventuellen Umbau der Felda - Bahn auf Normalspur sofort Verwendung finden kann.“

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